17:46

Schöpfung
Predigt zu Gen 2

65 15. So. n. Trinitatis, 12. September 2021, Frankfurt a.M.

Als Lesung hören wir einen Abschnitt aus dem zweiten Schöpfungsbericht und die Erzählung von einem Speisewunde (1.Kön 17). Wo ist da der Zusammenhang? Wieso werden diese beiden Abschnitte der Bibel angeboten, wenn es um Schöpfung geht?

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Diese Predigt legt die Lesung aus,
die die Jugendlichen vorgetragen haben.

Lasst uns beten:
Herr, Gott, himmlischer Vater,
schaffe in uns ein reines Herz,
damit wir ein Wort recht hören.
Gib uns einen neuen, beständigen Geist,
damit wir verstehen, was du uns zu sagen hast.
2

Amen.

Liebe Brüder und Schwestern,

(1) unser Gesangbuch sieht für diesen Sonntag
zwei unterschiedliche Lesungen aus dem AT vor.
Die eine ist sehr bekannt,
aus dem zweiten Kapitel der Bibel,
wie Gott den Menschen macht aus „Erde vom Acker“.
3

Die andere ist unbekannter,
vermute ich:
Ein Speisewunder,
das dem Propheten Elia widerfährt.
Der Ölkrug wird nicht leer
und im Mehltopf ist immer etwas zu finden.
Dieses Essen rettet eine kleine Familie durch die Dürre.

Von alters her unterscheidet die Theologie
zwei Seiten an Gottes Schöpfung:
- die Schöpfung aus dem Nichts
- und die kontinuierliche, die andauernde Schöpfung.

Diese Unterscheidung
können wir im Kleinen Katechismus wiedererkennen.
Luther schreibt
als Erklärung für den ersten Artikel des Glaubensbekenntnisses:

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen,
Schöpfer Himmels und der Erden…

Das bedeutet:

Ich glaube,
dass Gott
mich geschaffen hat
samt allen Kreaturen,
mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder,
Vernunft und alle Sinne gegeben hat
und noch erhält;
dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken,
[…|
mit allem, was not tut für Leib und Leben,
mich reichlich und täglich versorgt,
in allen Gefahren beschirmt
und vor allem Übel behütet und bewahrt.

Die Stärke des Katechismus’ ist,
dass hier ganz viel auf engstem Raume steht:

  • Gott hat die Welt hervorgebracht,
  • und er versorgt mich hier und jetzt in diesem Leben,
    in meinem Alltag.

Für beide Seiten von Schöpfung
habe wir eine Geschichte gehört.
Beide Geschichten stehen in Frage.

Seit dem 18. und 19. Jahrhundert
bieten die Physik, die Chemie und die Biologie
brauchbare, plausible Theorien an,
wie die Welt entstanden sein könnte.
Bei keiner dieser Theorien
muss Gott sich die Hände dreckig machen. —
Tatsächlich kommen diese Theorien ganz ohne Gott aus.

Und ein Speisewunder,
ein „Tischlein-deck-dich“ bei der Witwe in Zarpat:
Darin erkennen wir leicht die Züge eines Märchens.
Das ist eine Geschichte,
hübsch ausgedacht vielleicht,
aber nicht
wahr.

Liebe Gemeinde,
ich würde hier nicht stehen,
wenn die die Bibel nicht für wahr halten würde.

Ich glaube, wenn man der Bibel eine Frage stellt,
antwortet die Bibel mit Geschichten.
Die Bibel erzählt.
Sie erzählt aber nicht zur Unterhaltung,
sondern um uns ein Bild zu vermitteln,
ein Bild von der Beziehung zwischen Gott und uns.
Das ist ihr Thema.
Es geht der Bibel nie um das Ding an sich,
sondern immer um das Ding unter der Beziehung zu Gott.

Die Geschichte von der Erschaffung des Menschen
ist keine Naturwissenschaft.
Das ist auch nicht zu erwarten.
Das wäre so,
als würde man die Geschichte von dem Speisewunder in Zirpa lesen wie ein Kochbuch.
Ja: Es geht hier um Essen.
Aber Mehl und Öl
sind keine Rezept für eine ausgewogene Ernährung.

Wenn die Bibel beschreibt, wie Gott etwas schafft,
geht es nie einfach nur darum,
dass nachher etwas da ist,
das es vorher nicht gab.
Statt dessen wird jedes Lebewesen
in ein großes Ganzes eingefügt:

  • Die Erde wird vom Wasser getrennt.
  • Die Erde soll Pflanzen hervorbringen.
  • Die Pflanzen dienen den Tieren als Nahrung
    und dem Menschen.
  • Tiere und Menschen sollen fruchtbar sein
    und sich mehren.

Die Geschöpfe sind nicht einfach nur da,
sondern sie haben einen Auftrag.
Sie haben einen Platz auszufüllen
in einem Gewebe von Beziehungen
und Abhängigkeiten.
Niemand ist für sich alleine Geschöpf.

Das Stichwort,
das unsere beiden Lesungen verbindet,
ist „Wasser“.
Wasser muss da sein, damit Leben entsteht.
Das weiß jeder Bauer,
zumal diejenigen,
die in den trockenen Weltgegenden
Landwirtschaft betreiben.
Der Himmel schenkt uns Regen und Sonnenschein.
Beides im richtigen Maß bedeutet,
dass wir was zu essen haben.
Aber auch der Himmel ist ein Geschöpf Gottes.
Der Himmel hat seinen Ort in Gottes Gewebe von Beziehungen.
Deswegen brauchen wir uns nicht zu fürchten,
auch wenn wir selbst keine Kontrolle über den Himmel haben.
Selbst wir modernen Menschen
machen uns das Wetter nicht selber.

(2) Liebe Brüder und Schwestern,
es gibt viele Dinge,
die sind sehr schwer zu machen,
aber ganz leicht kaputt zu machen.
Es gibt sogar Dinge,
die
kann ein Mensch gar nicht machen,
die kann er nur kaputt machen.

Adam hat den Baum des Lebens nicht gepflanzt.
Aber er hat mit einem Handstreich
die Harmonie des Paradieses zerstört.

Mit dieser Geschichte ruft uns die Bibel zur Demut.

Wir haben das Klima der Erde nicht eingerichtet,
aber wir verbrennen die fossilen Brennstoffe von Jahrmillionen.
Und dann gucken wir uns die Erderwärmung in den Nachrichten an und sagen:

Wir waren’s nicht!

Mein SUV hat kein Klima erwärmt.
Ich habe jetzt einen Rasierer mit Bambus-Griff.
Der ist so umweltfreundlich,
dann kann ich auch ein 2,5t Auto fahren!

So macht sich der Mensch selbst blind dafür,
was er macht
und wer er ist.
Das ist, was die Bibel als „Sünde“ bezeichnet:
Wir zerstören Gottes Ordnung,
überschreiten seine Grenzen
und am Ende wollen wir es nicht gewesen sein.

(3) Das Neue Testament
blickt über den Horizont der Alten Schöpfung hinaus.
„Wir warten auf die Auferstehung der Toten
und das Leben der zukünftigen Welt“
4
heißt es im großen Glaubensbekenntnis.

Es ist unser Glaube,
dass diese Neue Welt
in Jesus Christus jetzt schon gegenwärtig ist.
Christus bringt Frieden und Vergebung für die,
die er in seine Nachfolge ruft.

Es gibt Christen, die meinen,
um diese Welt sei es eh geschehen.
Wir bauchen keinen Frieden und Umweltschutz,
so lange wir Jesus haben.
Das geht oft einher mit sittenstrengen Haltungen,
z.B. was Sexualethik betrifft.
Man möchte sich gerne unterscheiden von der Welt,
auch darin, wie man sich kleidet, vielleicht,
oder welche Musik man hört.

Ich glaube, diese Haltung ist ein Fehler.
Wir haben einen Auftrag.
Wir sollen die Erde bebauen und bewahren.
Das gilt für alle Menschen.
Und das ist nicht freiwillig, das gilt immer noch.

Und: Jesus ist in diese Welt gekommen,
weil sie Gott wichtig ist.
5
In Christus hat Gott den Menschen angenommen,
wie er ihn erschaffen hat.
Gott will die Sünde überwinden,
– diesen Abgrund zwischen ihm und uns, –
weil das, was er geschaffen hat,
wertvoll für ihn ist.

Von hier aus würde ich auf die ökologische Bewegung schauen:
Ich glaube,
dass viele Menschen anhand der ökologischen Krise
einen Eindruck von der eigenen Verblendung bekommen haben.
Viele haben regelrechte Sündenerkenntnis.
Das würden sie natürlich nicht so nennen,
aber die Mechanismen
und die Blindheit ist dem,
was die Bibel beschreibt,
sehr ähnlich.

Sie haben aber gar keine Erlösung.
Der ökologischen Bewegung geht es darum,
so wenig wir möglich kaputt zu machen.
Das ist schon mal gut!
Das ist ein wichtiges Anliegen,
aber als Christen haben wir mehr zu sagen:

  1. Erst einmal:
    Wir sehen das Problem.
    Wir können die Schöpfung nicht machen,
    aber wir können sie leicht kaputt machen.
    Der Mensch nimmt mehr, als er gibt.
    Er überschreitet alle Grenzen
    und verwendet seine eigene Schöpferkraft gerne darauf,
    wie er sich das schön reden kann.
    Statt Einsicht schaut der Mensch weg.
    Das nennt die Bibel Sünde.
  1. Zweitens geht es darum,
    den Schaden einzugrenzen.
    Wir wollen so wenig kaputt machen, wie möglich.
    Wir müssen Resourcen schonen.
    Für uns Christen ist die Welt aber mehr als Resourcen.
    Wir haben einen Auftrag,
    die Schöpfung zu bebauen und zu bewahren,
    denn die Schöpfung ist Gott wertvoll.
    Sie ist sein Geschenk an uns,
    denn wir sind ihm wertvoll.
    Gott beschenkt uns, jeden Tag neu.
  1. Das ist aber nicht das letzte, was zu sagen ist.
    Es kommt der Tag Gottes.
    Dann werden wir klar sehen,
    so, wie wir schon jetzt von Gott gesehen werden:
    6
    Ohne Verblendung und ohne Blindheit.
    Wir werden mit jedem Handschlag das richtige tun
    und mit jedem Wort Wahrheit sagen.
    Da wird Gerechtigkeit sein – ohne Mühe.
    Das wird eine neue Welt sein ohne Leid und Tot.
    Diese neue Welt hat in meinem Leben schon angefangen
    durch Jesus Christus.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus! Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Nach Ps 51,12


3 Gen 2,7


4 Vgl. Nizänsiches Glaubensbekenntnis, ELKG S. 18.


5 Vgl. Joh 3,16.


6 Vgl. 1.Kor 13,12.


Manuskript zum Ausdrucken pdf, 513 KB)

Weitere Predigten zu 15. So. n. Trinitatis:
Morgen, Gestern, Heute
Mt 6,25–34, 15. So. n. Trinitatis

Die „Vögel unter dem Himmel“ und die „Lilien auf dem Feld“ führen uns zu Überlegungen, die uns zeigen, wie Gottes Barmherzigkeit uns erreicht durch Schöpfung, Erlösung und Begleitung.

Vermittlung
Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, 1.Tim 2,5, 15. So. n. Trinitatis

Wir folgen Gedanken Dietrich Bonhoeffers dazu, dass Christus der Mittler ist zwischen Gott und Mensch und dies ihn macht zum Mittler zwischen Mensch und Mensch.