Des Herren Haus
Predigt zu Ps 23,5–6
Zum Gedächtnis der Grundsteinlegung unserer Kirche rede ich über Dankbarkeit, Versuchung und einen Traum entlang der letzten Sätze des 23. Psalms.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.1 Amen.
Für diese Predigt habe ich einen Leitvers ausgewählt,
und zwar den letzten Gedankenreim
des 23. Psalms:
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Lasst uns beten:
komm Heiliger Geist
und mache unsere Herzen zu deinem Tempel,
damit das Wort der Predigt darin Widerhall finde
und wir erfüllt werden vom Wort des Evangeliums.
— Amen
Liebe Schwestern und Brüder,
diese Kanzelrede hat drei Teile:
Ich rede von Dankbarkeit,
ich rede von Versuchung
und ich wage einen Ausblick in die Zukunft.
(1) Dankbarkeit
Der 23. Psalm ist vielen Christenmenschen sehr lieb.
Er beginnt mit einem eindrücklichen Bild für Gott:
Der Herr ist mein Hirte.
Mir wird es an nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Das Kind in mir fühlt sich geborgen,
der Verständige in mir freut sich, Jesu Schäflein zu sein,
und auch der Erwachsene in mir,
der weis, wie der Leben so laufen kann,
fühlt sich gesehen und verstanden:
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Mit den letzten beiden Versen
ändert sich die Bilder-Welt des Psalmes.
Bis jetzt wurde unsere Beziehung zu Gott
mit dem Bildmaterial einer bäuerlichen Idylle beschrieben:
- Hirte,
- Schaf,
- grüne Auen, frisches Wasser.
Jetzt wechseln wir in den königlichen Palast nach Jerusalem.
Dies ist ein Psalm Davids.
Als der Prophet Samuel ihn zum König salben wollte,
mussten seine Brüder ihn erst vom Feld holen,
weil er die Schafe seines Vaters hütete.
David kennt sich aus mit Schafen und Hirten.
Jetzt ist er aber König
und schaut auf sein Leben zurück und sagt zu Gott:
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Das ist, was der Mundschenk tut.
Der Mundschenk füllt das Glas des Königs bis zum Rand. –
David redet hier voller Verwunderung davon,
dass Gott sich herablässt
und ihm dient.2
David ist dankbar dafür.
In diesen Worten des Königs
sind die Freude
und die Verwunderung vorgezeichnet,
die ein Christenmensch hat,
der zum Altar des Herrn kommt –
zu diesem Altar.
Dies ist mein Leib…
dies ist mein Blut…
für dich gegeben.
Und David endet mit einem Gedankenreim,
der diesem Bild Rechenschaft trägt:
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
„Gedankenreim“ bedeutet,
dass es zwei mal um das selbe geht,
aus verschiedenen Blickrichtungen.
„Gutes und Barmherzigkeit“
ist in diesem Denken des selbe
wie die Anwesenheit in Gottes Tempel.
Davids blickt zurück
auf ein Leben voller Abendteuer und Gefahr,
wirtschaftlicher und politischer Aufstieg;
immer wieder der Sturz in die Sünde.
David hat tiefe, schmerzhafte Reue erlebt,
doch er hat auch immer wieder Gottes Vergebung erfahren.
Darunter zieht er den Schlussstrich der Dankbarkeit
und sagt:
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. —
Glauben findet im Leben statt. –
Ein Kirchbau gibt unserem Glaubensleben einen Ort.
Ich glaube,
ich kann hier frei
mit dem „Wir“ der Trinitatisgemeinde sprechen
und sagen:
Wir sind Gott dankbar,
dass wir eine eigene Kirche haben.
Für die Kriegsgeneration war es sicherlich ein kleiner Sieg,
eine eigene Kirche bauen zu können.
So, wie die Stadt nach der Zerstörung wieder aufgebaut wurde,
ist hier in der Theobald-Christ-Straße eine Wunde geheilt,
die viele schmerzlich empfunden haben.
Nach einer durchaus bewegten Geschichte
haben hier mindestens drei
lutherische Gemeinden aus Frankfurt
ihr Zuhause gefunden:
- die Dreieinigkeitsgemeinde,
- die Martinsgemeinde
- und die Stephanusgemeinde.
Die Nachkriegsgeneration
schaut mit viel Liebe auf das Gebäude
und hat längst die Pflege und die Verantwortung übernommen.
Trotz allem Bedeutungsverlust öffentlicher Religiosität
trifft doch die ein oder andere Familie mit Stolz
ihre Kinder in der Kirche
und trägt die Enkel zur Taufe,
nach hier vorne.
Wir sind denen dankbar,
die diese Kirche gebaut haben,
denen, die sie erhalten;
und wir sind dankbar unserem Gott,
der uns all das ermöglicht
und uns beschenkt
mit einem festen Gebäude
und allem, was notwendig ist,
diese Kirche mit Leben zu erfüllen.
(2) Versuchung
Doch wie wir Menschen so sind,
kann uns auch der Tempel in unserer Mitte
zu einer Versuchung werden.
Verkehrt, wie wir sind, verkehren wir noch Gottes Gnade.
Die Könige Israels,
die Söhne Davids,
wohnten Wand an Wand mit dem Tempel. —
Da kann man sich als SELK-Pfarrer gut mit identifizieren.
Meine Wohnung ist auch Wand an Wand mit der Kirche. —
Das kann ein falsches Gefühl von Sicherheit erzeugen
oder ein falsches Gefühl von Zweifel.
Das falsche Gefühl von Zweifel klingt ungefähr so:
Ja, wir haben den Tempel in unserer Mitte
und Gott hat uns zugesagt,
uns dort zu begegnen.
Aber dann kommen die Sachzwänge des Alltags
oder die Krisen der Geschichte
und dann sagt man sich:
Lasst uns lieber eine Verteidigungsanlage bauen,
eine Armee aufstellen
und paktieren mit den Mächten dieser Welt.
Dagegen sagt Jesaja:
Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.3
Nur mit Gott in unseren Herzen
arbeiten wir in die richtige Richtung.
Ein falsches Gefühl von Sicherheit ist da,
wo man meint,
weil wir den Tempel haben,
geht alles so weiter,
wie es „immer“ war.
Für viele Familien ist es nämlich nicht selbstverständlich,
dass sie ihre Kinder im Gottesdienst treffen.
Selbst, wenn die Enkel noch getauft werden,
ist Kindergeschrei hier im Gottesdienst die Ausnahme.
Für eine Kirchengemeinde ist das Totenstille.
Das stellt uns vor die Frage,
wie wir als Gemeinde
unseren Verkündigungsauftrag erfüllen,
wenn Familienbande und Tradition
nicht mehr die Zugpferde sein wollen.
Es soll nicht durch Heer oder Kraft,
sondern durch meinen Geist geschehen,
spricht der Herr Zebaoth.4
Der Geist Gottes herrscht nicht da,
wo die Gottesdienste besonders prächtig sind,
oder die Musik besonders laut oder besonders kunstvoll,
oder wo die Dogmatik besonders korrekt ist.
Gott gibt seinen Geist in unser Leben
und geht mit uns jeden Tag.
Dort, wo Gottes Geist das wahre Leben trifft,
da bemerken Menschen:
Hey, da ist etwas Besonderes!
Da lohnt es sich, hinzuschauen.
Das kann ein gutes Wort sein,
eine Geste,
eine Kleinigkeit.
Ich bin sicher:
Auch durch dein Leben
strahlt der Geist Jesu in diese Welt aus.
Mach dir das ruhig bewusst, wenn du meinst,
du seist zu schüchtern,
Menschen auf den Glauben anzusprechen.
Du tust das schon!
Du musst vielleicht nur noch den Namen Jesu dazusagen.
(3) Ausblick
Ich möchte die Predigt abschließen
mit einem Traum.
In diesem Traum sitze ich einem sehr reichen Mann gegenüber.
Der hat mich zum Essen eingeladen.
Ich habe mir also meinen schwarzen Anzug angezogen
und sitze im nobelsten Restaurant,
das ich je gesehen habe.
Die Weinkarte ließt sich
wie die wie der Märklin-Katalog. –
Die meinten Preise sind dreistellig.
Der Millionär sitzt mit gegenüber und sagt:
Pfarrer Vorberg,
das gefällt mir so gut,
was sie machen.
Was kann ich tun,
um die Gemeinde zu unterstützen?
Ihr kennt das bestimmt aus dem Zeichentrick:
Da hat man dann auf der Schulter ein Engelchen
und ein Teufelchen.
Und ich höre deutlich von einer meiner Schultern
die Stimme des Randanten,
der sagt:
Diedrich,
Diedrich,
als er gefragt hat: „Was kann ich tun?“,
meinte er: „Wie viel?“
Dann mache ich den Mund auf
und höre mich den Millionär fragen:
Singen sie gerne?
Vielleicht sogar Tenor?
Dienstag Abends um acht Uhr
trifft sich unser Chor.
Da sind Tenöre ganz hoch im Kurs.
- Kommen sie,
bringen sie ihre Stimme ein
in unserem Lobpreis. - Ihr Lächeln und ihre Umarmung
bereichern unser soziales Gefüge. - Bringen sie ihre Sichtweise ein
in unsere Gespräche und Kreise. - So werden sie uns zum Ausleger
und zum Propheten
und wir erhellen uns gegenseitig das Wort Gottes.
Wir haben dieses Grundstück
und die Kirche.
Wir haben Geld auf der Bank,
falls mal ein Loch im Dach ist oder eine Lampe kaputt geht.
– Dafür sind wir dankbar!
So lange Menschen sich angesprochen fühlen von dem,
was wir hier machen,
werden sie auch einen Taler ’raustun,
um uns Pastoren zu bezahlen.
– Vielen Dank dafür!
Aber der eigentliche, weltliche Reichtum der Trinitatisgemeinde,
das ist nicht das Gebäude
und nicht mal der Parkplatz, –
sondern das seid ihr.
Ihr seid der Leib Christi.
Ihr seid ein Tempel des Heiligen Geistes.
Wer euch begegnet, der begegnet Jesus Christus.
Mt 5,14Ihr seid das Licht der Welt.
Es kann die Stadt,
die auf einem Berge liegt,
nicht verborgen sein.
15Man zündet auch nicht ein Licht an
und setzt es unter einen Scheffel,
sondern auf einen Leuchter;
so leuchtet es allen,
die im Hause sind.
16So laßt euer Licht leuchten vor den Leuten,
damit sie eure guten Werke sehen
und euren Vater im Himmel preisen.
Ihr seid das Salz der Erde.5
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!6 Amen.
1 1.Kor 1,3
2 Dieser Gedanke entstammt einer Notiz in meiner Bibel App, zu der ich leider keine Quelle vermerkt habe.
3 Jes 7,9b
4 Sach 4,6
5 Mt 5,13
6 Phil 4,7
Weitere Predigten zu 15. So. n. Trinitatis:

Morgen, Gestern, Heute
Mt 6,25–34,
15. So. n. Trinitatis
Die „Vögel unter dem Himmel“ und die „Lilien auf dem Feld“ führen uns zu Überlegungen, die uns zeigen, wie Gottes Barmherzigkeit uns erreicht durch Schöpfung, Erlösung und Begleitung.

Vermittlung
Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus,
1.Tim 2,5,
15. So. n. Trinitatis
Wir folgen Gedanken Dietrich Bonhoeffers dazu, dass Christus der Mittler ist zwischen Gott und Mensch und dies ihn macht zum Mittler zwischen Mensch und Mensch.

Schöpfung
Gen 2,
15. So. n. Trinitatis
Als Lesung hören wir einen Abschnitt aus dem zweiten Schöpfungsbericht und die Erzählung von einem Speisewunde (1.Kön 17). Mehr…