11:36

Moses’ Fürbitte
Predigt zu Ex 32,7–14

Moses redet mit Gott wie mit seinem Freund: „Kehr um von deinem Zorn!“ Dabei hat Gott sich längst entschieden. Zwischen ihm und seinem Volk ist eine Saite, die kann nicht abreißen. Unser Gebet schlägt die Seite an und wir hören und spüren, wie wichtig wir Gott sind.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist ein Abschnitt aus dem Buch Exodus im 32. Kapitel.
Moses ist auf dem Berg Horeb bei Gott
und das Volk hat sich ein goldenes Kalb gegossen.

7Der Herr sprach aber zu Mose:

Geh, steig hinab;
denn dein Volk,
das du aus Ägyptenland geführt hast,
hat schändlich gehandelt.
8Sie sind schnell von dem Wege gewichen,
den ich ihnen geboten habe.
Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht
und haben’s angebetet und ihm geopfert
und gesagt:
„Das ist dein Gott, Israel,
der dich aus Ägyptenland geführt hat“.

9Und der Herr sprach zu Mose:

Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist.
10Und nun lass mich,
dass mein Zorn über sie entbrenne
und ich sie vertilge;
dafür will ich dich zum großen Volk machen.

11Mose aber flehte vor dem Herrn, seinem Gott, und sprach:

Ach Herr,
warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk,
das du mit großer Kraft und starker Hand
aus Ägyptenland geführt hast?
12Warum sollen die Ägypter sagen:

„Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt,
dass er sie umbrächte im Gebirge
und vertilgte sie von dem Erdboden?“

Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn
und lass dich des Unheils gereuen,
das du über dein Volk bringen willst.

13Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast:
„Ich will eure Nachkommen mehren
wie die Sterne am Himmel,
und dies ganze Land,
das ich verheißen habe,
will ich euren Nachkommen geben,
und sie sollen es besitzen für ewig.“

14Da gereute den Herrn das Unheil,
das er seinem Volk zugedacht hatte.

Lasst uns beten: Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege!2 — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

(1) ein Mann betritt den Auto-Salon
und geht geradewegs zu einem bestimmten Auto,
das dort ausgestellt ist.
Er betrachtet es von allen Seiten. —
Ein pflichtbeflissener Autoverkäufer tritt hinzu
und eröffnet das Verkaufsgespräch:

Guten Tag,
wie kann ich ihnen helfen?

Der potentielle Kunde erzählt,
sein Leasing laufe aus
und er sei auf der Suche nach einem Neuwagen.
Diesen hier,
den fände er besonders schick,
aber doch auch ein bisschen teuer.

Der Verkäufer hat ein gutes Stück Erfahrung
und kann seine Kundschaft gut einschätzen.
Er versteht sofort:
Die Entscheidung,
ob dieser Kunde das Auto kauft,
ist längst getroffen.
Der will das haben.
Der Verkäufer kann ihm im Preis ein Stück entgegen kommen.
Wie weit er ihm entgegen kommen muss,
also wie er von der eigenen Marge wegstreicht,
hängt davon ab,
wie gut er jetzt seine Arbeit macht.
Je besser er es schafft,
dem Kunden
- dieses Auto
- mit dieser Ausstattung
schmackhaft zu machen,
desto besser wird das Geschäft für ihn.

Doch viel wichtiger als der Preis
ist das was geschieht auf der Beziehungsebene.
Wenn der Verkäufer es schafft,
dem Kunden zu vermitteln,
dass er hier einen ehrlichen,
kompetenten
und zuverlässigen Händler gefunden hat,
verkauft er ihm nicht nur dieses Auto,
sondern auch das nächste
und das übernächste. —

(2) Moses ist in einer ganz ähnlichen Situation.
Die Entscheidung,
ob Gott gnädig sein will, oder nicht,
ist längst getroffen:

10Und nun lass mich,
dass mein Zorn über sie entbrenne
und ich sie vertilge;
dafür will ich dich zum großen Volk machen.

Was Gott tun will, das tut er.
Er braucht Moses eigentlich nicht um Erlaubnis zu fragen:

„Lass mich…“

Lass mich doch in Ruhe,3
dass mein Zorn entbrenne,
und ich in Wut
solche Sachen mache,
die ich nachher bereue!

Jemand, der so redet,
will aufgehalten werden.

Moses versteht das.
Er redet sehr menschlich mit Gott:

Kehr um
von deinem Zorn!

Die Vokabel4 ist „religiöse“ Rede,
eine Mahnung,
die man schon mal von seinem Pastor hört – 
oder von einem guten Freund.
5

Moses hebt voll auf die Beziehungsebene ab.
Er erinnert Gott an Abraham, Isaak und Jakob
und dass er ihnen versprochen hat,
dass er sie zu einem großen Volk machen würde.

Gottes Beziehung mit dem Volk Israel
ist kein abstraktes Prinzip,
sondern ihm sind konkrete, lebende Menschen vor Augen.
Gott handelt nicht gemäß den Maßstäben einer Ideologie,
sondern du liegst ihm am Herzen.
Er lässt sich gerne daran erinnern,
wie nah du ihm bist,
gerade dann,
wenn du das Gefühl hast,
Gott sei weit weg von dir.

Viele Menschen haben eine Taufkerze,
um sich daran zu erinnern,
dass sie seit ihrer Taufe zu Jesus Christus gehören.
Wir dürfen und sollen Gott daran erinnern,
dass wir getauft sind.
Nicht, dass der das vergessen hätte.
Seine Entscheidung für uns
ist längst getroffen
und biblisch dokumentiert:

Ihr seid teuer erkauft.6

Die Beziehung ist wie eine Gitarrensaite
und die Erinnerung ist die Note,
die man darauf spielt.
Die Saite wird nicht zerreißen,
aber wenn sie schwingt
hörst du und spürst du es.

Dabei strahlt dieser Ton nach außen aus.
Die Fürbitte,
die Moses für das Volk hält,
ist nicht privat geblieben.
Hier geht es um mehr als ein inneres Zwiegespräch
zwischen dem Propheten und seinem Gott,
sondern wir lesen in der Bibel davon.
Gott hat gewollt,
dass wir wissen,
wie Moses mit ihm geredet hat,
damit wir uns an ihm ein Beispiel nehmen können.
Glaube hat Öffentlichkeit.

12Warum sollen die Ägypter sagen:

„Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt,
dass er sie umbrächte im Gebirge
und vertilgte sie von dem Erdboden?“

Genau so,
wie es zu Gottes Wesen gehört,
dass er treu ist,
gehört es zu ihm,
dass er mit allen Menschen
eine Beziehung haben will.
Gott will,
dass wir über ihn reden,
damit die ganze Schöpfung ihn lobt
und alle Menschen ihm vertrauen. —
Wo der einzelne Christenmensch eine Saite anspielt
in seinem Gebet,
spielt die Kirche ein ganzes Orchester
im öffentlichen Gebet
- für die ganze Welt
- und für alle Menschen.

(3) Liebe Gemeinde,
im Gottesdienst halten wir die Fürbitte.

  • Wir bitten Gott für die Kirche
    und alle, die in ihr mitarbeiten.
    Dabei hat Gott sich längst entschieden,
    aus allen Völkern eine Kirche zu sammeln
    und das Evangelium durch sie zu verkündigen.
  • Wir bitten Gott für den Staat und die Regierung.
    Dabei hat Gott längst entschieden,
    den Frieden zu mehren
    und uns Recht und Gerechtigkeit zum Segen zu geben.
  • Wir bitten Gott für unsere Familien.
    Dabei hat er schon längst entschieden,
    dass es nicht gut sei für den Menschen,
    allein zu sein,
    und dass wir vergeben sollen,
    wie Gott uns vergibt,
    denn das ist da besonders nötig,
    wo wir uns am nächsten sind.
  • Wir bitten Gott für uns selbst.
    Dabei hat Gott sich längst entschieden,
    mit den Armen zu sein,
    den Kranken und den Verletzten,
    den Sterbenden und den Toten,
    den Schuldigen – 
    und selbst die Sünder lässt er nicht.

Höre mein Gebet, Herr,
und lass mein Schreien zu dir kommen.
7
Gedenke mein nach deiner Gnade
um deiner Güte willen.
8

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!9 Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Ps 119,105


3 Vgl. Art. נוח Gesenius 18. Auflage, S. 794, z.St.


4 שׁ֚וּב, in Vers 12.


5 Vgl. Ex 33,11.


6 Vgl. 1.Kor 6,20; 7,23 u.ö.


7 Ps 102,2


8 Ps 25,7


9 Phil 4,7


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