12:31

Unserem Verein beigetreten
Predigt zu Phil 2,6–11

144 Palmarum, 24. März 2024, Frankfurt

Der Philiper-Hymnus feiert den Einzug des Sohnes in die Welt. Jesus ist Spitzenspieler und er tritt unserem Verein bei. Jesus ist nicht ein Stürmer, der behauptet, er habe die „Hand Gottes“, sondern der ganze Jesus ist Gottes Mensch.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist der Abschnitt aus dem Brief an die Philipper,
der als der „Philipper-Hymnus“ bekannt ist.
Das ist ein Lied,
das den Einzug des Sohnes in die Welt feiert
und das geht so:

6Er, der in göttlicher Gestalt war,
hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,
7sondern entäußerte sich selbst
und nahm Knechtsgestalt an,
ward den Menschen gleich
und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.

8Er erniedrigte sich selbst
und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

9Darum hat ihn auch Gott erhöht
und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,
10damit in dem Namen Jesu
sich beugen sollen aller derer Knie,
die im Himmel sind
und auf Erden
und unter der Erde,
11und alle Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters.

Lasst uns beten:
Herr Gott, Jesus Christus,
sende uns den Heiligen Geist,
damit der Brief an die Philipper
ein Brief an uns ist. — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

die Familie sitzt am Frühstückstisch,
Mutter, Vater und Tochter.
Der Sohn fehlt, der hatte gestern Geburtstag.
Nach dem Kaffee-Trinken
mit Oma, Opa, Onkels und Tanten,
ist er mit seinen Freunden losgezogen.
Mit dem ist heute Morgen nicht zu rechnen.

Da geht die Tür auf
und der Junge Mann stellt sich vor seine Familie.

„Mama, Papa:
Ich bin jetzt 16.
Ich habe eine wichtige Entscheidung
für mein Leben getroffen.“

Die Eltern gucken sich an,
gucken ihren Filius an.
Er sagt:

„Ich bin heute morgen der Eintracht beigetreten.“

Die Mutter ist erleichtert,
(es hätte ja auch was ernsthaftes sein können)
die Schwester ist genervt,
der Vater ist fassungslos.
Er sagt zur Mutter:

„Ich habe es kommen sehen.
Dieser dein Sohn
2
wandelt nicht auf den Wegen seines Vaters
und geht läuft dem falschen Verein nach.“

Sie verdreht die Augen.
Die Tochter findet es aber irgendwie witzig.
Sie will ihren Bruder aufzuziehen:

„Jetzt zahlst du deine 50,– € Vereinsbeitrag im Jahr
und beim nächsten Transfer
können sie sich einen 50,– € besseren Spieler leisten?“

Der Bruder erklärt:

„Das ist doch gar nicht, worum es geht!
Ich gehöre jetzt dazu.
Wir sind 1959 Deutscher Meister geworden!“

Die Mutter lacht:

„1959?
Mein kleiner:
Du bist mit gestrigem Datum
vor genau 16 Jahren auf die Welt gekommen.
Das weiß ich sehr genau.
Ich war daran nicht ganz unbeteiligt,
weißt du?“

„Ja, Mama,
aber es ist so:
Wenn man dem Verein beitritt,
wird man Teil der Vereinsgeschichte.
Man tritt quasi der Geschichte des Vereins bei
und dadurch ist die Zeit überbrückt.

Es ist so ähnlich, wie beim Spiel:
Natürlich stehen nur elf Mann auf dem Rasen,
aber wir im Stadion sind mit dabei.
Die Fans sind der 12. Mann auf dem Platz.
Ort und Zeit spielen quasi keine Rolle mehr.
Wenn unsere Mannschaft gewinnt,
haben wir Anteil am Sieg.“

Da wittert der Vater seine Chance:

„… und an der Niederlage,
vergiss nicht die Niederlage.
Wer zur Diva geht, muss leiden können
und als Vereinsmitglied noch mehr.“

Der Sohn antwortet
mit dem Pathos eines sehr-von-allem-überzeugten Teenagers:

„Wir stehen zusammen
und sind treu bis in den Tod, ja bis zum Tod am … “

„Jetzt ist aber mal gut!“

fällt ihm die Schwester ins Wort.

„Musst du immer so fromm sein?“

Es entsteht eine Pause.
Dann ergreift die Schwester wieder das Wort:

„Das, was du vorhin gesagt hast,
über Ort und Zeit,
das kommt mir bekannt vor.
Der Pfarrer hat im Konfi-Kurs erklärt,
dass das Abendmahl Ort und Zeit überbrückt.
Wenn wir Abendmahl feiern,
sind wir im Obergemacht,
an dem ‚Tag, als der Herr verraten ward‘.
Jesus selbst schenkt sich sagt zu uns:
‚Dies ist mein Leib – für dich‘.
Auf diese Weise haben wir Anteil an seinem Tod
und an seiner Auferstehung,
also an seinem Sieg über den Tod“.

Der Bruder fragt:

„Warum würden wir Anteil an seinem Tod haben wollen?“,

„Keine Ahnung. —
Vielleicht ist es andersrum wichtiger.

Wenn Jesus unserem Verein beigetreten ist,
ist er auch unserer Geschichte beigetreten.
Das gilt für die ganze Menschheitsgeschichte,
aber auch deiner ganz persönlichen Geschichte.

Jesus er unserem Leben beigetreten.
Und weil wir zusammen gehören,
haben wir auch Anteil an seinem Leben“.

„Wie kann man denn dem Leben eines Menschen beitreten?“

Da hat der Vater eine Idee:

„Als ich eure Mutter geheiratet habe,
bin ich praktisch ihrem Leben beigetreten.
Und sie meinem.

Weißt du,
als Junggeselle hat man viele Privilegien.
Man hat keine Verantwortung und so
und man kann seinen Tag frei gestalten.
Wenn du deine Privilegien für einen Raub hältst
und daran klammerst, wie an der Beute,
dann kann das mit der Ehe nichts werden.

Und:
In der Ehe, da geht man auch durch gute
und durch schlechte Zeiten, –
aber zusammen.
Man teilt also Freud’ und Leid.“

Das weiß die Mutter zu toppen:

„Das ist noch mehr so,
wenn du ein Kind kriegst.
Du entäußerst dich selbst.
Du hast gar kein eigenes Leben mehr.
Die Bedürfnisse von diesem kleinen Menschlein
nehmen die vollends in Beschlag.
Da sind auch zwei Leben miteinander verbunden.
Man wird zum Knecht von dem kleinen Wurm.“

Das wollen die Kinder nicht auf sich sitzen lassen.
Der Sohn meint:

„Na ja, als Baby ist man auch vollkommen abhängig.“

Nach einer Weile sagt die Tochter:

„Jesus hat sich auch vollkommen abhängig gemacht.“

„Wie meinst du das denn?“

„Na ja,
er hat die Privilegien aufgegeben,
die er im Himmel hatte.
Immerhin ist er in göttlicher Gestallt,
Gott gleich,
also: Er ist Gott.

Und trotzdem ist er Mensch geworden.
Ich bin sicher, Maria und Josef waren gute Eltern,
aber wo das am Ende hingeführt hat,
wissen wir alle:

Fürwahr, er trug unsre Krankheit
und lud auf sich unsre Schmerzen.
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Für den Vater ist das nicht ganz überzeugend.
Er fragt:

„Aber was bringt uns das?
Jesus leidet am Kreuz,
aber das Leid der Menschen wird dadurch nicht weniger.“

„Nein, aber das Leid bekommt eine ganz andere Bedeutung.“

„Wie das denn?“

„Denk das mal so:
Wir sind ein Fußballverein kurz vor dem Abstieg,
ja kurz vor dem Abstieg in die Hölle.

Jesus ist Spitzenspieler und er tritt unserem Verein bei.
Er macht das umsonst.
Die Ablösesumme könnten wir nie bezahlen.
Der Verein könnte nicht mal sein Gehalt aufbringen.
Er macht das aber trotzdem,
weil er den Verein so liebt.

Jesus ist nicht ein Stürmer,
der behauptet, er habe die „Hand Gottes“,
sondern der ganze Jesus ist Gottes Mensch.

Bis wir aber Meister werden,
dauert es viele Spiele
und vielleicht sogar einige Saisons. –
In dieser ganzen Zeit
steckt Jesus jede unserer Niederlagen mit ein.
Er könnte alles haben, aber er wählt das Kreuz.

Am Kreuz können wir sehen,
dass Jesus es ernst meint.
Für uns nimmt er Krankheit und unseren Schmerz in Kauf.
Das macht uns Hoffnung –
und zwar mit Gewissheit:
Am Ende wird Jesus uns die Meisterschaft bringen.
Ja, wir werden auf der ewigen Tabelle
den ersten Platz haben.
Dann werden alle Jesus-Fans sein,
die ganze Schöpfung:

Die, die im Himmel sind
und auf Erden
und unter der Erde.
Alle Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters. — Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus! Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Vgl Lk 15,30. Der Vater ist etwas reichlich theatralisch, finde ich.


3 Jes 53,4. Vgl. Mt 8,17.


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