Der brennende Dornbusch
Predigt zu Ex 3,1–8a.10–14
Weltliches, alzu weltliches bewegt uns oft, so dass uns Wunder fremd erscheinen. Aber für die Menschen in den biblischen Geschichten war das nicht anders.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.1 Amen.
Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
steht geschrieben bei
3,1Mose aber hütete die Schafe Jitros,
seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian,
und trieb die Schafe über die Steppe hinaus
und kam an den Berg Gottes, den Horeb.
2Und der Engel des Herrn erschien ihm
in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch.
Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte
und doch nicht verzehrt wurde.
3Da sprach er:
Ich will hingehen
und die wundersame Erscheinung besehen,
warum der Busch nicht verbrennt.
4Als aber der HERR sah,
dass er hinging, um zu sehen,
rief Gott ihn aus dem Busch und sprach:
Mose, Mose!
Er antwortete:
Hier bin ich.
5Gott sprach:
Tritt nicht herzu,
zieh deine Schuhe von deinen Füßen;
denn der Ort, darauf du stehst,
ist heiliges Land!
6Und er sprach weiter:
Ich bin der Gott deines Vaters,
der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.
Und Mose verhüllte sein Angesicht;
denn er fürchtete sich,
Gott anzuschauen.
7Und der Herr sprach:
Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen
und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört;
ich habe ihre Leiden erkannt.
8Und ich bin herniedergefahren,
dass ich sie errette aus der Ägypter Hand
und sie herausführe aus diesem Lande
in ein gutes und weites Land,
in ein Land, darin Milch und Honig fließt […]
10so geh nun hin,
ich will dich zum Pharao senden,
damit du mein Volk,
die Israeliten,
aus Ägypten führst.
11Mose sprach zu Gott:
Wer bin ich,
dass ich zum Pharao gehe
und führe die Israeliten aus Ägypten?
12Er sprach:
Ich will mit dir sein.
Und das soll dir das Zeichen sein,
dass ich dich gesandt habe:
Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast,
werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge.
13Mose sprach zu Gott:
Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme
und spreche zu ihnen:
Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!
und sie mir sagen werden:
Wie ist sein Name?,
was soll ich ihnen sagen?
14Gott sprach zu Mose:
Ich werde sein, der ich sein werde.
Und sprach:
So sollst du zu den Israeliten sagen:
„Ich werde sein“,
der hat mich zu euch gesandt.
Lasst uns beten:
Herr, dein Wort mein mein brennender Dornbusch.
Sprich zu mir, dass ich höre und glaube. — Amen
Liebe Schwestern und Brüder,
Einleitung: Die Bilder
als Teil meiner Predigtvorbereitung
suche ich regelmäßig Bilder aus,
die zur Predigt passen.
Das hat praktische Gründe,
es ist aber auch Teil meiner persönlich Predigt Meditation.
Der „Brennende Dornbusch“ ein beliebtes Motiv.
Ich habe Bilder gefunden
- für Erwachsene und Kinder,
- von mittelalterlich bis modern,
- von konkret bis abstrakt.
Ein Bild hat mich besonders angesprochen –
und ich habe es auch gewählt
als Illustration für diese Predigt.
Es ist ein Foto aus dem Katharinenkloster auf dem Sinaï.
Dort im Kloster gibt es einen Dornbusch,
der wird verehrt
als der brennende Dornbusch.
Geographisch kommt es ungefähr hin
und es gibt eine lokale Legende,
dass dies der Dornbusch aus der Bibel sei.
Der Dornbusch ist in ein gemauertes Hochbeet gefasst.
An der vorderen Wand hängt eine Ikone
und links in der Ecke —
steht ein Feuerlöscher. –
Ich dachte erst,
das wäre ein Scherz,
aber auf mehreren Fotos
mehrerer Fotografen
aus unterschiedlichen Jahren
steht vor dem „Brennenden Dornbusch“
ein Feuerlöscher. –
Nun ja,
das ist ein sehr trockenes Klima am Sinai
und weggeschnippste Kippe
oder ein Jugendlicher,
der Gott aus der Reserve locken möchte,
könnte sehr leicht ein Feuer im Innenhof des Klosters auslösen.
2Und der Engel des Herrn erschien [Moses]
in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch.
Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte
und doch nicht verzehrt wurde.
Wunder geschehen jeden Tag. –
Doch die Brandschutzverordnung,
die gibt uns das Gefühl von Sicherheit. —
Unser Leben und unser Glauben
finden eben doch in weltlich,
alzu-weltlichen Zusammenhängen statt.
Die Geschichten der Bibel
finden nicht in der reinen Vernunft
oder den abstrakten Ideen statt,
sondern ihr geht es um das echte,
das wahre Leben
richtiger Menschen.
Denn es ist genau solches Leben
in das Gott seine Engel schickt
und seine Wunder wirkt. —
Ein sehr schönes Beispiel dafür
ist das Leben von Moses.
Moses
(1) Die Ägypter hatten ein gebrochenes Verhältnis zu den Israeliten.
Auf der einen Seite waren sie gute Arbeitskräfte.
Sie hatten die jungen Leute
und die handwerklichen Fähigkeiten,
die die ägyptischen Wirtschaft gut brauchen konnte.
Auf der anderen Seite hatten die Ägypter Angst,
bedeutungslos im eigenen Land zu werden.
Ängste schüren Gehässigkeit,2
und wenn Gehässigkeit Politik wird,
gebiert sie Ausbeutung und Unterdrückung.
[Die Ägypter] machten ihnen ihr Leben sauer
mit schwerer Arbeit in Ton und Ziegeln
und mit mancherlei Frondienst auf dem Felde,
mit all ihrer Arbeit,
die sie ihnen auflegten ohne Erbarmen.3
Der Gipfel der Bosheit ist,
dass alle Ägypter angehalten waren,
die jungen Söhne der Israeliten
in den Nil zu werfen.4
Wie viel Trauer muss es unter diesem Volk gegeben haben?
Wie viel Wut ohne Ventil?
Wie viele weinende Mütter und hilflose Väter?
Wie viele große Schwestern,
denen der kleine Bruder weggenommen wurde? —
Das geht nicht spurlos an einer Gemeinschaft vorbei.
Moses war einer,
der alte Verletzungen kannte.
(2) Die Hoffnung seiner israelitischen Mutter
und das Erbarmen seiner ägyptischen Adoptivmutter5
retten Moses das Leben.
Als kleiner Baby ist er Israelit,
sobald er sprechen kann, wird er Ägypter.
Moses kann sich in beiden Welten bewegen.
Doch in beiden Welten ist er auch ein Fremder.
Es gibt keinen Boden,
in dem er seine Wurzeln hat.
Er erbt keinen Acker zu bebauen,
und keinen Betrieb zu betreiben,
keine Karriere vorranzubringen.
Moses war einer,
der in der Luft hängt.
(3)
11Zu der Zeit, als Mose groß geworden war,
ging er hinaus zu seinen Brüdern
und sah ihren Frondienst
und nahm wahr,
dass ein Ägypter einen seiner hebräischen Brüder schlug.
12Da schaute er sich nach allen Seiten um,
und als er sah, dass kein Mensch da war,
erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn im Sande.
13Am andern Tage ging er wieder hinaus
und sah zwei hebräische Männer miteinander streiten
und sprach zu dem, der im Unrecht war:
„Warum schlägst du deinen Nächsten?“
14Er aber sprach:
„Wer hat dich zum Aufseher oder Richter über uns gesetzt?
Willst du mich auch umbringen,
wie du den Ägypter umgebracht hast?“
Moses hatte einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.
Er hat Schuld auf sich genommen dafür
und es ist ihm auch bitter auf die Füße gefallen.
Sein Leben in Ägypten war zu Ende an diesem Tag.
Moses flieht in das Land Midean.
Dort ist es genau dieser Sinn für Richtig und Falsch,
der ihm Vertrauen schafft bei den Nomaden.
Er findet Liebe dort
und ein Zuhause,
das mitgeht.
Moses’ Sinn für Gerechtigkeit
war ihm ein Segen,
aber auch ein Fluch.
(4) Mit seinem erstgeborenen Sohn auf dem Arm
fasst Moses sein Leben zusammen
mit den Worten:
Ich bin ein Fremdling geworden
im fremden Lande.6
Es klingt fast,
als hätte er Frieden gefunden damit,
wie sein Leben gelaufen ist.
Er hütet die Tiere seines Schwiegervaters,
hält die Brandschutzverordnung ein.
Moses war einer,
der nicht damit gerechnet hat,
dass der Engel des Herrn mit ihm spricht
durch die feurige Flamme eines Dornbuschs,
der davon nicht verzehrt wird.
Schluss
Liebe Gemeinde,
unser Leben und unser Glauben
finden eben doch in weltlich,
alzu-weltlichen Zusammenhängen statt.
Ich denke,
viele von uns können uns in Mose wieder erkennen.
Jeder Mensch hat auf seine je eigene Art an
- seiner Familiengeschichter,
- seiner Identität,
- seinen Eigenarten
- oder an seinen Lebensverhältnissen zu tragen.
Darin sind wir den Menschen in der Bibel gleich,
selbst einem so wichtigen Propheten
wie Moses.
Genau wie in den biblischen Geschichten
geschehen auch in unserem Leben Wunder –
jeden Tag.
Gott ist bei uns mit seinem Segnen,
gerade da,
wo wir ihn am nötigsten brauchen.
Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen
und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört;
ich habe ihre Leiden erkannt.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!7 Amen.
1 1.Kor 1,3
2 Vgl. Ex 1,9.
3 Ex 1,14
4 Vgl. Ex 1,22 (der letzte Vers des Kapitels).
5 Ganz ausdrücklich, übrigens, vgl. Ex 2,10.
6 Ex 2,22
7 Phil 4,7
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