16:04

Die Verleumdung des Petrus’
Predigt zu Lk 22,54–62

141 Lätare, 10. März 2024, Frankfurt

Ist Petrus gescheitert? Hat Petrus die Prüfung bestanden? Warum weint Petrus?

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
sind zwei Abschnitte aus dem Evangelium nach Lukas
im 22. Kapitel.

Zuerst ein Gespräch; Christus spricht zu Petrus:2

31Simon, Simon,
siehe, der Satan hat begehrt,
euch zu sieben wie den Weizen.
32Ich aber habe für dich gebeten,
dass dein Glaube nicht aufhöre.
Und wenn du dereinst dich bekehrst,
so stärke deine Brüder.

33Er aber sprach zu ihm:

Herr, ich bin bereit,
mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.

34Er aber sprach:

Petrus, ich sage dir:
Der Hahn wird heute nicht krähen,
ehe du dreimal geleugnet hast,
dass du mich kennst.

Am selben Abend
führt Judas die Wachen des Hohepriesters zu Jesus.
Lukas schreibt weiter:

54Sie ergriffen ihn aber
und führten ihn ab
und brachten ihn in das Haus des Hohenpriesters.
Petrus aber folgte von ferne.

55Da zündeten sie ein Feuer an mitten im Hof
und setzten sich zusammen;
und Petrus setzte sich mitten unter sie.

56Da sah ihn eine Magd am Feuer sitzen
und sah ihn genau an und sprach:

Dieser war auch mit ihm.

57Er aber leugnete und sprach:

Frau, ich kenne ihn nicht.

58Und nach einer kleinen Weile sah ihn ein anderer und sprach:

Du bist auch einer von denen.

Petrus aber sprach:

Mensch, ich bin’s nicht.

59Und nach einer Weile,
etwa nach einer Stunde,
bekräftigte es ein anderer und sprach:

Wahrhaftig, dieser war auch mit ihm;
denn er ist ein Galiläer.

60Petrus aber sprach:

Mensch, ich weiß nicht, was du sagst.

Und alsbald krähte der Hahn.

61Und der Herr wandte sich um
und sah Petrus an.

Und Petrus gedachte an des Herrn Wort,
wie er zu ihm gesagt hatte:

Ehe heute der Hahn kräht,
wirst du mich dreimal verleugnen.

62Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.

Lasst uns beten: Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege!3 — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

(Einleitung)
der Hauptteil unserer Szene heute morgen
spielt im Haus des Hohepriesters.
Wir müssen uns wohl vorstellen,
dass die Wachen den gefesselten Jesus
nicht bis ins Wohnzimmer des Hausherrn geführt haben.
Eher steht der Hohepriester an der Schwelle des Gebäudes,
während der Gefangene im Hof steht.
Mitten in jenem Innenhof war ein Feuer entzündet;
eine Annehmlichkeit für die Mitarbeiter,
die zu einer Nacht-und-Nebel-Aktion ausrücken mussten.
Petrus hat sich mitten unter sie geschlichen.
Er möchte so gut es geht in Jesus’ Nähe sein.
Und er ist nah genug,
dass die beiden Blickkontakt haben können,
wenn Jesus sich umdreht.

- In dieser Anspannung,
- in dieser Gefahr,
- aber auch in dieser Nähe zu Jesus
findet die Handlung statt.

Ich möchte mich Petrus nähern in drei Fragen.

Erste Frage:
Ist Petrus gescheitert?

Ich habe dem Predigtabschnitt heute Morgen
diesen Gesprächsfetzen vorangestellt
zwischen Petrus und Jesus
beim Abendessen:
Jesus sagt:

Simon, Simon,
siehe, der Satan hat begehrt,
euch zu sieben wie den Weizen.

Mit anderen Worten:
Ihr werden geprüft werden.

Und Petrus nimmt den Mund ganz schön voll:

Herr, ich bin bereit,
mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.

An diesem Anspruch,
den er sich selbst stellt,
ist Petrus gescheitert.

Wir sollten ihn nicht belächeln dafür.
Auch uns ist gesagt,
dass wir Jesus bekennen sollen,
selbst, wenn es unangenehm ist.
Im Matthäus-Evangelium, im 10. Kapitel,
lehrt Jesus seine Jünger:
4

32Wer nun mich bekennt vor den Menschen,
den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.
33Wer mich aber verleugnet vor den Menschen,
den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.

  • Die Kirche hat den Herrn Jesus zu bekennen.
    Wo sie das nicht tut,
    ist sie nicht Kirche.
  • Eine Kirchengemeinde soll den Herrn Jesus bekennen,
    und zwar öffentlich, vor der Welt,
    nicht nur privat,
    in der Komfortzone der eigenen Gemeinschaft.
  • Jeder einzelne Christenmensch soll bekennen,
    wenn es sich ergibt – 
    auch, wenn es etwas kostet.
    Die Menschen,
    die sich für dieses Zeugnis in Gefahr begeben haben,
    werden von Alters her als Märtyrer verehrt.

Doch es ist ein Fehler,
das Martyrium zu suchen.
Man sucht sich das nicht aus.

Petrus sagt:

Herr, ich gehe mit die ins Gefängnis
und in den Tod.

Jesus blickt ganz anders auf die Sache.
Er sagt zu Petrus:

Der Satan hat begehrt euch zu prüfen.

Und dem Satan
macht man keine Vorschriften,
wie und wann er prüft.
Deswegen nimmt Jesus seinem Jünger
den Wind aus den Segeln:

Petrus,
drei mal wirst du mich verleugnen,
bis der Hahn kräht. —

Es gibt immer mal wieder Gelegenheiten,
da denkt man als Christ:

Mensch, hier hättest du was sagen müssen.

Das passiert einem auch als Pfarrer,
dass man sich sagt:

Hier hast Du eine Chance verpasst,
jemandem ein gutes Wort zu sagen,
ein Wort von Gott,
das den anderen hätte weiterbringen können.

Der Heilige Geist weht wo und wann er will.
Wir haben das nicht in der Hand.
Das richtige Wort zur richtigen Zeit
ist immer ein Geschenk.

Der Glaube ist immer ein Geschenk.
Mit dem Geschenk im Herzen sprudelt der Mund über.
Dem möchte ich nicht im Weg stehen.
Dafür ist nicht nötig,
bei jeder Gelegenheit alle daran zu erinnern,
dass man Christ ist.

Die Prüfung kommt von ganz alleine.
Märtyrer ist man nicht für sich selbst,
sondern für die anderen.
Du wirst nicht geprüft,
ob
du ein starker Held bist,
sondern damit
andere sehen,
wie stark Jesus ist.

„Meine Kraft
ist in den Schwachen mächtig“,
spricht der Herr.
5

Zweite Frage:
Hat Petrus die Prüfung bestanden?

Wenn Petrus an dem Abend nicht gelogen hätte,

  • hätte das mindestens eine Tracht Prügel eingesteckt,
  • wahrscheinlich sogar das Gefängnis,
    von dem er geredet hat.
  • Auch der Tod,
    der Tod am Kreuz,
    war eine realistische Möglichkeit.

Dann sähen unsere Passions-Bilder ganz anders aus.
Da wären dann vier Kreuze auf Golgatha.

Petrus und Jesus wurden zwischen Übeltätern gehängt.

Daran sieht man dann,
dass der Prophet sich vertan hat.
Die Gottesknechte sind zwei:
Jesus und Petrus.

Wie bitte?

Die Prüfung des Petrus ist nicht,
ob er den Mumm hat,
Prügel, Gefängnis oder Tod zu ertragen.

Die Prüfung des Petrus ist,
ob sein Vertrauen groß genug ist,
loszulassen,
und alles Heil von Jesus zu erwarten.

Jesus hat nicht gesagt:

Petrus,
ich habe für dich gebetet,
dass deine Kraft
und dein Mumm unbegrenzt sind.

Die Sünde des Menschen ist,
dass er Gott nicht vertraut, dass er das Gute für uns will.
Deswegen wollen wir Gottes Willen unseren Willen hinzufügen.
Die Sünde des Menschen ist,
dass wir an Gottes Allmacht zweifeln
und seinem Werk unser eigenes Werk hinzufügen wollen.

Glaube ist Vertrauen.
Glaube ist,
wenn wir trotz all
- unserer Kraft,
- unserem Mumm,
- unserer Intelligenz,
- unserer Schönheit
- in alledem, was uns ausmacht,
die liebe Hand ergreifen
die Gott uns reicht.

Christus spricht:

Ich aber habe für dich gebeten,
dass dein Glaube nicht aufhöre.

Dritte Frage:
Warum weint Petrus?

Petrus weint erst mal um seinen Freund.

Petrus weint,
weil er hilflos ist.
Er kann Jesus nicht retten.
Er kann nichts beitragen.
Er ist dazu verdammt,
dazustehen und es einfach geschehen zu lassen.

Petrus weint die Tränen der Umkehr.
Er wollte Prügel, Gefängnis und Tod beitragen.
Jetzt ist er zu einem geworden,
der alles von Gott angenommen hat,
was für ihn dran ist.

Es ist diese Bekehrung,
die ihn nachher ausmacht.

Jesus hatte ihm gesagt:

Ich habe für dich gebeten,
dass dein Glaube nicht aufhöre.
Und wenn du dereinst dich bekehrst,
so stärke deine Brüder.

Petrus ist zum Urbild des Pastors geworden.6
Petrus ist einer,
der ein Stück Bibel zitiert,
ein Wort des Propheten Joel,
und es seinen Zuhörern auslegt:

Dieses Wort der Schrift
ist heute wahr geworden,
hier ist es relevant – 
für euch.

So hat er am Pfingsttag geredet.7

Petrus ist einer,
der in der Vollmacht Jesu Menschen heilt,
8
der ihnen das Himmelreich verkündigt.

Seine Kraft und den Mumm,
hat Gott nicht angenommen.
Dafür hat er Petrus ganz andere Kräfte gegeben,
Kräfte für andere.

Recapitulatio:
Liebe Gemeinde,

  • Petrus mag gescheitert sein an seinen eigenen Ansprüchen, aber er hat gelernt,
    dass man sich die Prüfungen Gottes nicht selbst aussucht.
  • Er hat der Versuchung widerstanden,
    sich neben Jesus ans Kreuz hängen zu lassen.
    Petrus weiß jetzt:
    Jesus rettet,
    er rettet nicht.
  • Er ist stark,
    gerade als einer,
    der weiß, wie hilflos er ist.
    Jesus gibt ihm den Namen Petrus,
    das heißt „Fels“.
    Auf diesen Fels will er seine Kirche bauen.
    9
    Petrus ein fester Halt für andere,
    weil Jesus ihn hält.

Christus spricht:

Ich aber habe für dich gebeten,
dass dein Glaube nicht aufhöre.

Ihm, dem Sohn Gottes,
sei Ehre und Preis,
Segen und Herrlichkeit
in Ewigkeit.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!10 Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Den Impuls, diesen Abschnitt hinzuzunehmen und andere Einsichten verdanke ich „Exegese für die Predigt“ zum Proprium/z.St.


3 Ps 119,105


4 Auch die Stelle bei Lk 9,26 wäre hier geeignet. Sie ist aber negativ formuliert („wer sich meiner Worte schämt“) und mit „bekennen“ fällt bei Mt die Vokabel, die ich aufnehmen möchte.


5 2.Kor 12,9


6 Vollkommen unbeschadet davon, was kirchengeschichtlich daraus geworden ist.


7 Vgl. Apg 2,14ff.


8 Vgl. Apg 3.


9 Vgl. Mt 16,18.


10 Phil 4,7


Manuskript zum Ausdrucken pdf, 311 KB)

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