10:43

Das Sendschreiben nach Philadelphia
Predigt zu Apk 3,7–13

134 2. Advent, 10. Dezember 2023, Frankfurt

Philadelphia ist in Brandenburg. Natürlich nicht das Philadelpha aus dem Text, nicht mal das aus Amerika. Trotzdem haben die Städte etwas mit unserem Abschnitt zu tun.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist aus dem 3. Kapitel der Offenbarung des Johannes.
Es ist das „Sendschreiben“ an die Gemeinde in Philadelphia.
Unter den sieben Gemeinden,
denen der Herr schreibt,
ist sie die einzige,
die er nur lobt.

Johannes hört:

7Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe:
Das sagt der Heilige,
der Wahrhaftige,
der da hat den Schlüssel Davids,
der auftut, und niemand schließt zu,
der zuschließt, und niemand tut auf:

8Ich kenne deine Werke!
Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan,
und niemand kann sie zuschließen;
denn du hast eine kleine Kraft
und hast mein Wort bewahrt
und hast meinen Namen nicht verleugnet.

9Siehe, ich werde schicken einige aus der Synagoge des Satans,
die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern lügen;
siehe, ich will sie dazu bringen,
dass sie kommen sollen
und zu deinen Füßen niederfallen
und erkennen, dass ich dich geliebt habe.

10Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast,
will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung,
die kommen wird über den ganzen Weltkreis,
zu versuchen, die auf Erden wohnen.

11Siehe, ich komme bald;
halte, was du hast,
dass niemand deine Krone nehme!

12Wer überwindet,
den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes,
und er soll nicht mehr hinausgehen,
und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes
und den Namen des neuen Jerusalem,
der Stadt meines Gottes,
die vom Himmel herniederkommt
von meinem Gott,
und meinen Namen, den neuen.

13Wer Ohren hat, der höre,
was der Geist den Gemeinden sagt!

Lasst uns beten:
Herr, sende herab deinen Heiligen Geist,
dass das Sendschreiben nach Philadelphia
zu einem Brief an uns wird. — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

(1) Φιλαδελφεία,
das heißt „brüderliche Liebe“.
Die Stadt der Brüderlichen Liebe, Philadelphia,
ist ein Ortsteil von Storkow (Mark) im Landkreis Oder-Spree,
ca. eine Stunde Autofahrt süd-östlich von Berlin.

Damit habt ihr jetzt nicht gerechnet …

Das antike Philadelphia,
an dessen Gemeinde unser Sendschreiben gerichtet ist,
war in der römischen Provinz Asia.
Heute heißt die Stadt Alaşehir und liegt im Westen der Türkei.

Das große Philadelphia,
das man kennt,
ist die Hauptstadt des U.S.-Bundesstaates Pensilvania.

Genau da wollte Ende des 18. Jahrhunderts
eine Gruppe von Auswanderern hin,
doch sie sind gescheitert.
2
Statt dessen hat es sie nach Brandenburg verschlagen.

Ihre Stadt der brüderlichen Liebe
ist nicht in der Neuen Welt,
dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten,
sondern in der Alten Welt,
dem Land der geplatzten Träume. —
Und sie haben ihr Dorf trotzdem Philadelphia genannt.

Bestimmt haben die Auswanderer unsere Bibelstelle gekannt.

8Ich kenne deine Werke!

spricht der Herr,

Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan,
und niemand kann sie zuschließen;

denn du hast eine kleine Kraft
und hast mein Wort bewahrt
und hast meinen Namen nicht verleugnet.

Die Gemeinde im antiken Philadelphia bekommt Lob,
weil sie am Wort Gottes festgehalten hat.
Welches Wort war das besonders?

Christus spricht:
„Siehe, ich bin bei euch alle Tage –
bis an der Welt Ende“.
3

Jesus ist bei uns,
auch in unserem Scheitern.

(2) Neulich habe ich eine Bilderserie mit vier Bildern angeschaut.
Sie muss von einem Architekten gestaltet worden sein.

1)Wir sehen ihn im Grundstudium.
Er zeigt eine Semesterarbeit:
Einfamilienhaus,
geplant, gestaltet
und aus mehreren Perspektiven korrekt gezeichnet
und vermaßt.

2)Zwischenprüfung:
Ein Wohnhaus mit Gewerbe-Anteilen:
nicht nur sauber vermaßt,
sondern auch attraktiv ausgemalt.

3)Dann sehen wir den Architekten,
wie er die Diplomarbeit stolz in die Kamera hält.
Er steht neben dem Modell
von einem schicken Konzerthaus –
mit Übungsräumen,
Büros
und Geschäften im Erdgeschoss.

4)Als letztes sehen wir,
womit er seit Jahren Geld verdient:
Er macht Zeichnungen,
die festlegen,
wo in Wohnblocks die Klos hinkommen.
Ziel ist,
dass die Abwasserleitungen möglichst billig
verlegt werden können.

Ich kann mir leicht vorstellen,
welches Lebensgefühl diese Bilder ausdrücken sollen.

Da fragt sich einer:

Dafür habe ich Architektur studiert? —
Als ich jung war,
habe ich davon geträumt,
Großes und Schönes zu gestalten.
Aber ich kann nicht für die Kunst arbeiten,
denn die Rechnungen müssen bezahlt werden.

Seine großen Träume
sind keineswegs einem grandiosen Scheitern gewichen. —
Es ist noch viel schlimmer.
Wie viele andere auch
kommen sich unser Architekt vor,
als sei er gefangen
in grauer Mittelmäßigkeit.

Die Versuchung ist groß,
alles hinzuschmeißen
und irgendeinen Neuanfang zu suchen,
irgendeine Hoffnung auf die Neue Welt.

Christus mahnt uns zur Geduld:

10Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast,
will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung,
die kommen wird über den ganzen Weltkreis,
zu versuchen, die auf Erden wohnen.

Jesus lebt mit uns
auch in den Mittelmäßigkeiten unseres Alltags.
Christus schenkt uns den Glauben nicht,
weil wir perfekt und grandios sind,
sondern damit wir mit unserer kleinen Kraft das Richtige tun.
Dieser Glaube hilft uns,
mit Geduld auszuhalten,
was jetzt für uns dran ist.

(3) Dabei sollen wir das Ziel
niemals aus den Augen zu verlieren.
Christus spricht:

11Siehe, ich komme bald;
halte, was du hast,
dass niemand deine Krone nehme!

Das Himmelreich kommt.

Das Neue Jerusalem, das vom Himmel herabkommt,
ist noch besser als das große Philadelphia in Amerika.

Mit dieser Hoffnung
lässt es sich das kleine Philadelphia in Brandenburg
gut aushalten
und gut gestalten.

Das Neue Jerusalem, das vom Himmel herabkommt,
ist nicht von Menschenhand gemacht,
sondern vom ersten Baumeister,
dem Schöpfer der Welt.
Hier ist dir eine Stätte bereitet
und der Herr wird wiederkommen,
denn er will,
dass wir da sind,
wo er ist.
4

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!5 Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Philadelphia_(Storkow_(Mark))


3 Mt 28,20


4 Vgl. Joh 14,2.


5 Phil 4,7


Manuskript zum Ausdrucken pdf, 416 KB)

Weitere Predigten zu 2. Advent:
Leben kommt in der Wüste
Jes 35,1–10, 2. Advent

Das ist mal so eine richtige SELK-Predigt: Wort und Sakrament. Doch es lohnt sich zu wiederholen: Unser Gebet „Maranatha, komm, Herr Jesus“ erfüllt sich in und unter den Inhalten und der Gemeinschaft des Gottesdienstes und unseres Lebens im Glauben.

Komm und sei uns nahe, Herr
Hhld 8,8–11, 2. Advent

Was machen erotische Liebesgedichte in der Bibel? Mehr…

Reiß die Himmel auf
Jes 63,15–64.3. 2. Advent, 10.12.2017, Heilig-Geist-Kirche, Görlitz, überarbeitet, Jes 63,15–64.3, 2. Advent

Die Predigt heute bedenkt einen Abschnitt aus dem Buch Jesaja. Der Prophet will, dass Gott zu uns kommt, mit aller Macht und Herrlichkeit. Mehr…

Der kommende Erlöser
Lk 21,25–33, 2. Advent

Homilie über einen Abschnitt der Abschiedsreden Jesu aus dem Lukasevangelium.