14:28

Aufbruchstimmung
Predigt zu 1.Petr 1,13–13

140 Okuli, 3. März 2024, Frankfurt

Der Apostel schreibt der Kirche eine Aufbruchstimmung ins Stammbuch. Wir sollen unseren Weg gehen mit diesem Impuls, denn wir wissen, dass wir Gott mehr wert waren als schnödes Silber und Gold: Jesus hat sein Blut für uns gegeben.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist aus dem 1. Brief des Petrus im 1. Kapitel.
Der Apostel erinnert die Gemeinde,
dass sie in Christus
wiedergeboren sind
zu einer lebendigen Hoffnung
.

Daraufhin fährt er fort:

Darum umgürtet die Lenden eures Gemüts,
seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf
die Gnade,
die euch dargereicht
2 wird in der Offenbarung Jesu Christi.

Als gehorsame Kinder gebt euch nicht den Begierden hin,
denen ihr früher in der Zeit eurer Unwissenheit dientet;
sondern wie
der, der euch berufen hat,
heilig ist, sollt auch ihr heilig sein
in eurem ganzen Wandel.

Denn es steht geschrieben:

„Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“.

Und da ihr den als Vater anruft,
der ohne Ansehen der Person jeden richtet nach seinem Werk,
so führt euer Leben (solange ihr hier in der Fremde weilt)
in Gottesfurcht;
denn ihr wisst, daß ihr nicht mit
vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid
von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise,
sondern mit dem
teurenBlut Christi
als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.

Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen.
Ihr glaubt durch ihn an Gott,
der ihn auferweckt hat von den Toten.
Er hat ihm die Herrlichkeit gegeben,
damit ihr Glauben habt und Hoffnung auf Gott.

Lasst uns beten: Herr Gott, Heiliger Geist, der du durch die Propheten zu den Alten geredet hast: Rede auch jetzt durch die Predigt zu deiner Gemeinde! Segne das Reden und das Hören. — Amen

Liebe Brüder in Christus,
liebe Schwestern im Herrn,

(1) der Apostel beginnt unseren Abschnitt heute
mit einer Anspielung auf diesen Aufbruch aus Ägypten.
Er schreibt der Kirche mit seinem Rundbrief
eine
Aufbruchstimmung ins Stammbuch:

Umgürtet die Lenden eures Gemüts!

Es soll eine Aufbruchstimmung sein,
die das Leben der Kirche bestimmt.
Sie soll einen festen Platz haben
im Gefühlsleben eines jeden Christenmenschen.
Wir sind ausgebrochen aus dem langweiligen Elternhaus,
„von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise“,
und gestalten unser eigenes Leben
in der Beziehung mit unserem Herrn Jesus Christus.

Ich glaube, dies ist so etwas ähnliches wie ein Hochzeitsfoto:
Bei fast jeder Hochzeit wird ein Foto gemacht,
von Braut und Bräutigam.
Sie stehen im Hochzeitskleid und -anzug einander gegenüber und blicken sich schmachtend in die Augen.
Dieses Bild ist ein Bild von ihrem Aufbruch
in ihrem Leben als Eheleute.
Ganz oft werden diese Fotos inszeniert in einer Kutsche oder in einem Auto; vielleicht beim Einsteigen in ein Auto.
Das Fortbewegungsmittel steht für die Reise,
die die beiden jetzt
gemeinsam antreten.
In diesem Anfang, – diesem Aufbruch, – liegt viel Hoffnung.

Wenn ihnen in ihrem gemeinsamen Leben
- eine schwierige Situation begegnet
- oder einen Streit haben,
wenn der Zweifel in ihnen Aufsteigt,
- ob das mit der Hochzeit eine gute Idee war,
- ob dieser Mensch wirklich der richtige war,
dann hilft ihnen das Bild, sich an ihren Aufbruch zu erinnern.

Warum bin ich hier?
Warum habe ich gerade den ausgesucht??

Und man schaut das Foto an und erinnert sich:

Ach! Deswegen!
Ich erinnere mich an das Gefühl!
Ich erinnere mich an unsere Liebe, als sie ganz jung war.

Und in dem Moment ist die junge Liebe wieder ganz gegenwärtig.
Die Hoffnung,
die den Aufbruch geprägt hat,
ist wieder spürbar.
Und sie zeigt
Wirkung.
Die Hoffnung hilft,
mit der momentanen, schwierigen Situation umzugehen.
So ist die Hoffnung
lebendig, hier und jetzt.

Für die ersten Empfänger des Briefes
war ihre Konversion vom Heidentum zu Christus ganz präsent. Sie sind als Erwachsene zum Glauben gekommen.
Die meisten von uns sind als Babies getauft worden.
Daran erinnern wir uns manchmal und sprechen uns zu:

„Du bist ein getaufter Christ“.

Manche Christen hängen ihre Taufurkunde
wie ein Hochzeitsfoto auf.
Das erinnert sie immer an diesen Anfang mit Gott;
auch wenn sie an diesem Anfang noch ein Baby waren.
Wie die Erinnerung an die junge Liebe,
die mitläuft durch die Ehe,
läuft der Anfang der Taufe auch mit –
durch das ganze Leben.
Und es herrscht diese besondere Aufbruchstimmung.

(2) Liebe Gemeinde,
Petrus fährt fort, seine Leser auf ihre „Begierden“ anzusprechen.
Er zitiert Moses, der im Namen Gottes sagt:

„Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“.

Die zweite Sache, die Petrus uns mit seinem Brief ins Stammbuch schreibt, ist es,
die richtigen Prioritäten zu setzen.

Man könnte sagen:

Du bist befreit,
benimm dich auch so!

Ich glaube grundsätzlich, dass man als Christ

„anders aus der Wäsche guckt“,

als andere.

Christliche Gemeinschaft hat eine besondere Qualität.
Wir scheitern natürlich auch,
- an einander,
- an uns selbst
- und an Gott.
Aber selbst im Scheitern
und sogar im Leid
wirkt unsere Gottesbeziehung in unserem Leben.

Das fängt mit Kleinigkeiten an,
wie, z.B.,
dass man durch das Tischgebet
eine Grundhaltung der Dankbarkeit einübt.
Dadurch, dass wir uns immer wieder daran erinnern,
dass wir das Essen auf dem Tisch geschenkt bekommen haben,
haben wir eine andere
Freude im Leben.
Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme,
sondern man geht her uns sagt:

Hey, ich habe ein Geschenk bekommen!
Danke!

So wird das Essen zum Gegenstand von Beziehung:
- der Beziehung zwischen dir und Gott,
- aber auch der Beziehung zwischen dir und denjenigen, die mit dir am Tisch sitzen.
Essen hat etwas mit Gemeinschaft zu tun
und jede Mahlzeit wird zu einem kleinen Fest.

Viele Christen schauen auch anders auf die Ehe.
Wer in seinem Ehepartner nur das Mittel zur Befriedigung seiner „Begierden“ sieht,
braucht alle paar Jahren einen neuen,
weil der alte dir langweilig geworden ist.
Die Beziehung zwischen zwei Menschen
muss dann immer neue Höhepunkte hervorbringen.
Das ist wie eine Sucht:
Die Reize nutzen sich ab
und müssen immer stärker und stärker werden.

Die Ehe zu „heiligen“ bedeutet,
den anderen als Menschen wahrzunehmen.
Und zwar als einen Menschen,
dessen Anwesenheit in meinem Leben ein Geschenk Gottes ist.

Zu dieser Dankbarkeit gehört meiner Meinung nach ein gewisses Pflichtbewusstsein:
Man schwört sich lebenslange True.
Und dazu gehört, dass man sich gegenseitig zuspricht:

Dass Du glücklich bist,
ist mir Aufgabe und Pflicht.
Ich werde mich stets um dich bemühen.

Dadurch, dass das beide tun, entsteht Verlässlichkeit.
Ich kann mich auf den anderen verlassen,
auch wenn ich alt und grau werde.

Von dem Gedanken der Pflicht kommt Petrus auf das,
was uns in die Lage versetzt, so zu leben.
Er schreibt:

Ihr wisst, dass ihr nicht mit
vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid
von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise,
sondern mit dem
teuren Blut Christi
als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.

Gott ist in Vorleistung gegangen für unser Leben.
Man sagt manchmal:

Jemand ist hart im Nehmen.

Über Gott müsste man sagen:

Er ist hart im Geben:

Oder, wie Petrus es hier schreibt:

Er hat sein teures Blut gegen,
für euch.

So wertvoll seid, ihr.
So sehr seid ihr geliebt.

Und dieses Geschenk ist nicht schnödes, „vergängliches“ Silber und Gold, sondern ein Wesen, das vom Himmel kam.
Es spielt in einer ganz anderen Liga,
als alles andere,
das euch je im Leben begegnet ist.
Gegenüber diesem Geschenk,
das Gott uns gemacht hat,
verblasst
alles andere.

Unser Wert steht nie in Frage,
weil wir
so wertvoll bei Gott sind:

Also hat Gott die Welt geliebt,
dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben,
nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.3

Deswegen sind wir in der Lage,
die richtigen Prioritäten zu setzen
und „heilig“ zu Leben.
Das heißt,
in Gemeinschaft mit Gott
und in Liebe untereinander.
Und das ist nicht etwas, das wir herstellen oder erzwingen müssen, sondern Gott ist es, der die Gemeinschaft mit uns wiederhergestellt hat und sie erhält
in seinem Sohn Jesus Christus.

(3) Ihr lieben,
unser Leben in Christus
ist bestimmt von einer
Aufbruchstimmung.
Wir sind auf der Reise.
Petrus wird später in diesem Brief davon reden,
dass wir
Fremdlinge und Pilger4 sind.
Wir haben hier keine „bleibende Stadt“
5,
sondern wir sind auf dem Weg zum Heiligtum.
6
Wir gehen aber nicht einfach so,
sondern wir gehen als Beschenkte.
Und wir können uns immer wieder daran zurückerinnern,
wie der Aufbruch war.

Wenn wir uns fragen:

Warum bin ich hier?
Warum habe ich gerade
diese Hoffnung und diesen Glauben?

Dann können wir auf den Herrn Jesus schauen und sagen:

Ach! Deswegen!
Ich weiß um meine Taufe!
Ich erinnere mich an seine Liebe,
die nie älter wird,
die nie schwächer wird,
die reicht, bis zum letzten Tag in Ewigkeit.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!7 Amen.

1 1.Kor 1,3


2 φέρω heißt „tragen“, kaum „anbieten“. Ich schwäche das hier ab, um das Missverständnis des (evangelikalen) Synergismus’ zu vermeiden.


3 Joh 3,16


4 1Petr 2,11


5 Hebr 13,14


6 Wir sind nicht im „Letzten“, sondern im „Vorletzten“ (Bonhoeffer).


7 Phil 4,7


Manuskript zum Ausdrucken pdf, 318 KB)

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