18:32

Jesu Prüfung
Predigt zu Mt 4,1–11

139 Invokavit, 18. Februar 2024, Frankfurt

Jesus Prüfung ist so, wie deine schwerste Prüfung, aber doch ganz anders.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist das Evangelium des heutigen Sonntages,
wie wir es gerade gehört haben. Lasst uns beten.

Lasst uns beten: Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege!2 — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

(Einleitung) warum prüfen wir Menschen?

Die Führerscheinprüfung:
Es ist sofort einsichtig,
warum man die braucht,
bevor man mit 100 PS am Straßenverkehr teilnimmt.

Abschlussprüfungen –
- der Elektriker, der Kabel verlegt,
- der Klempner, der Gasleitungen lötet,
- der Autoschrauber, der Bremsbelege wechselt:
Da hätte man gerne,
dass sie wissen, was sie tun,
und dass sie das in einer offiziellen Prüfung bewiesen haben;

ganz zu schweigen
von Ärztinnen, Richterinnen
und – pastoralem Personal.

Aus der Perspektive des Prüflings betrachtet,
ist eine Prüfung auch ein Moment,
der einen persönlichen weiterbringt. –
Manche theologischen Zusammenhänge
habe ich erst verstanden,
als ich intensiv fürs Examen gelernt habe. –
Gleichzeitig weist du bei einer Prüfung auch,
dass du noch viel zu lernen hast.
Die Weite des eigenen Feldes erschließt sich einem ganz anders.
So gesehen ist der Abschluss nicht das Ende eines Weges,
sondern ein Wegmarker.
Zum Mensch-sein gehört Entwicklung,
fachlich wie persönlich.
Eine Prüfung ist ein Eingangstor
in einen neuen Lebensabschnitt.

Das Problem an einer Prüfung ist,
dass man scheitern kann.
Das hängt wie ein Damoklesschwert über dem Ganzen.
Schon allein deswegen sind Prüfungen Ausnahmesituationen.
Wir sind außerhalb unserer Komfortzone,
außerhalb der Stadt, die wir gewöhnt sind.
Statt dessen sind wir in der Wüste ohne Halt und Versorgung.
Viele finden es in einer Prüfungsphase schwer zu essen.
Gute Gewohnheiten reißen ein.
Selbst duschen kann zur Herausforderung werden:

Wofür auch.
Ich hänge eh nur über meinen Büchern
und treffe keine anderen.

So ist die Zeit vor einer Prüfung geprägt
von Entbehrung und Einsamkeit.
Man steht neben sich
und kann den Halt verlieren.
Um so mehr
sind wir in einer Prüfungssituation darauf angewiesen,
dass Gott uns seine Engel schickt,
die uns versorgen,
die uns halten
und die uns schützen.

In genau so einer Situation sehen wir heute Jesus.
Er, der Gott ist,
ist Mensch,
ein Mensch, der sich entwickelt.
Er ist geboren als Mensch,
gewachsen als Mensch,
vom Baby zum Teenager, zum Mann.
Nun steht ihm bevor,
dass er öffentlich auftritt.
Er will das Reich Gottes verkündigen.
Er tritt heute den Weg an
zu Leiden und Kreuz,
Auferstehung und Himmelfahrt.
Als Eingangstor zu dieser Reise
steht eine mystische Prüfung.
3

Außerhalb jeder Komfortzone,
unter Entbehrung und Fasten,
findet eine Prüfung statt.
Die ist so wie deine schwerste Prüfung,
aber doch ganz anders.
Gottes Sohn wird geprüft
und die Engel,
die sonst Beistand leisten,
sind auf die Zuschauer-Plätze verwiesen.
Alle, bis auf einen.

Die Aufgabe,
die Prüfung durchzuführen,
fällt dem Versucher zu.
Die anderen Engel wissen nicht,
ob sie Satan
bewundern,
beneiden
oder bemitleiden sollen.

(1) Satan tritt an Christus heran
und eröffnet das Gespräch:

Bist du Gottes Sohn, so sprich,
dass diese Steine Brot werden.

Ein starker Einstieg.
Die Engel rutschen aufgeregt auf ihren Plätzen hin und her.
Satan behaftet Jesus gleich da,
wo jeder Mensch seine schwächste Stelle hat:
bei seinem Glauben und bei seinem Hunger.

Gott hat Jesus zugesagt:

Du bist mein lieber Sohn,
an dem ich Wohlgefallen habe.
4

In jedem Menschen nagt die Frage:

Meint Gott es wirklich gut mit mir?

„Ja sollte Gott gesagt haben“,5
was gut ist für mich?

Wenn der Mensch im Paradies schon zweifelt
an dem
einen Gebot,
wie sehr wird der Mensch zweifeln,
ob er
wirklich Gottes Sohn ist?

Und Hunger, Bedürfnisse, Wut und Sucht:
Da brauche ich niemandem erklären,
warum der Teufel da seinen Hebel ansetzt.

Ist’s nicht so?
Wenn du gut bist,
so kannst du frei den Blick erheben.
Bist du aber nicht gut,
so lauert die Sünde vor der Tür.
6

Christus antwortet dem Teufel:

Es steht geschrieben:
„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
sondern von einem jeden Wort,
das aus dem Mund Gottes geht.“

Die Engel sind begeistert!
Jesus ist ganz nach dem Wesen des Vaters.
Das sieht man schon daran,
dass er mit einem Schriftwort antwortet.
Mit einem Wörtlein fällt er den Teufel,
denn es ist das Wort Gottes,
auf das es ankommt.
Mit dem Wort hat Gott die Welt geschaffen
und er erhält sie auch mit dem Wort.

Wunder wirkt Jesus, wenn sie Wort sind.
Er
kann aus den Steinen Brot machen,
aber Jesus hat sich selber nichts zu beweisen
und dem Teufel schon mal gar nicht.

Jesus ist nicht Gottes Sohn
- aus Prinzip
- oder „für die Kunst“, —
sondern für dich.
Wenn er das Evangelium damit predigt,
dann macht Jesus mit vier Broten und drei Fischen
4.000 Menschen satt.
Den Teufel, den lässt er hier knallhart abblitzen.

„Bei der nächsten Gelegenheit rechts abbiegen“.

Und die nächste Straße rechts ist eine Einbahnstraße!

Nicht heute, Herr Fahrprüfer, nicht heute.

Es ist nicht der nette Onkel vom Straßenverkehrsamt,
den Jesus auf der Rückbank sitzen hat.

(2) Zweiter Abschnitt:
Der Teufel kann noch was.
Er nimmt Jesus mit aufs Dach vom Tempel.
Er stellt ihn an die Kante und sagt:

Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab;
denn es steht geschrieben:
„Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben;
und sie werden dich auf den Händen tragen,
damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“

Ein Raunen geht durch der Schar der Engel:

A: Ein Schriftzitat!
Deswegen ist Satan der Verführer und nicht ich!

B: Ich bin überhaupt nicht böse drum,
dass du nicht der Verführer bist!

A: Ach nein,
siehst du nicht, wie clever das ist?
Diese Bibelstelle gilt für Gottes Sohn.
Er versucht Jesus wieder bei seinem Glauben zu packen.
Nicht bei der Philosophie,
nicht mal bei der Theologie,
sondern bei seiner persönlichen Gottesbeziehung.

B: Wie kommt er da jetzt wieder ’raus?

Jesus antwortet dem Teufel:

Wiederum steht auch geschrieben:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“

Bei einer Prüfung ist wichtig,
immer klar zu haben,
wer prüft und wer geprüft wird.

Wenn der Kandidat hergehen würde,
und in der Prüfung
dem Professor die Lehre der Kirche erklären wollte,
dann fänden wir das verrückt.
Doch das ist,
was wir Menschen ständig tun.
Wir wissen, was gut und böse ist.
7
Deshalb meinen wir,
wir können Gott sagen,
was er zu tun und zu lassen hat.

Der Glaube verlässt sich auch in einer Prüfungssituation darauf,
dass die Prüfungskomission für dich ist
und nicht gegen dich.
Die wünschen dir, dass du bestehst.
Sie müssen ihre Standards halten,
das ist klar,
aber sie sind nicht böse
und sie sind nicht gegen dich. — 
Auch, wenn du im Leben etwas als eine Prüfung erfährst:
Gott ist nie gegen dich.
Bei ihm ist dein Vertrauen an der richtigen Stelle,
auch wenn es nicht so kommt,
wie du es dir wünschst.

Das ist beim Beten genau so.
Jesus lehrt,
wir sollen beten,
ohne daran zu zweifeln,
- dass Gott unser Gebet hört
- und erfüllt.
Trotzdem sollen wir Gott aber nie
das Heft des Handelns absprechen.
Er ist Gott, nicht wir.

Er schuldet uns nichts. Wir schulden ihm alles.
Wir schulden ihm alles. Er liebt uns ganz.

(3) Die Engel sind beeindruckt.
Doch jetzt kommt der Abschluss,
das große Finale,
Satan greift noch mal tief in die Trickkiste
und zeigt, was er drauf hat.
Der Anfang hat schon mal was,
das geht nicht größer:

Er zeigt Jesus alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit
und spricht zu ihm:

„Das alles will ich dir geben,
wenn du niederfällst und mich anbetest“.

Und Jesus reagiert vollkommen erwartungsgemäß.
Er ruft:

Heb dich fort, Satan!

Der lächelt huldvoll, verneigt sich und zieht sich zurück.

Eine Gruppe Engel läuft los, um Jesus zu dienen.

Die anderen zucken mit den Schultern:

Was war das denn jetzt?

Als sie Satan treffen
stellen sie ihn zur Rede:

Sag mal, was sollte das denn?
Götzendienst?

Das war so einfach,
das hätte selbst Adam gemerkt. — 
Na ja, vielleicht auch nicht!

Aber da wäre doch noch was drin gewesen, oder?
Du lässt sie doch sonst nicht so einfach laufen!

Da lächelte Satan sein freundlichstes
und teuflischstes Lächeln.

Wartet mal ab.
Das war nicht die letzte Prüfung.

Pharisäer, Schriftgelehrte, Petrus:
So leicht gibt der Teufel nicht auf.

Denkt an das Evangelium von letzter Woche: Petrus nimmt Jesus zur Seite und fragt: „Passion und Kreuz, muss das sein?“)

(Schluss) Liebe Gemeinde,
wir Menschen stehen im Leben vor vielen Prüfungen,
ganz unterschiedliche.

  • Ich muss an Jesus denken,
    wie er ans Kreuz angenagelt war,
    und sich nicht bewegen konnte,
  • an die Frauen, die darunter saßen, – hilflos.
  • Ich denke an die Jünger,
    die es nicht ausgehalten haben,
    und weinend weggelaufen sind.

Es muss ihnen als über-schwere Prüfung vorgekommen sein,
was sie erleben.

Am Anfang habe ich gesagt:
Das Schwere an einer Prüfung ist,
dass man scheitern kann.
Das gilt für eine Führerscheinprüfung,
einen Abschluss
und ein Examen.

Für die Prüfungen im Menschen-Sein gilt das nicht.
Das Bestehen dieser Prüfungen
kriegen wir von Jesus geschenkt.
Er hat sie für uns alle bestanden.

Jesus’ Sieg bei der Auferstehung
- ist größer als all unser Scheitern,
- größer als unser Leiden,
- ja sogar größer als der Tod.
Wenn das Leben schwer auf uns lastet,
blicken wir auf ihn und wissen:
Wir sind in alledem nicht allein.

Jesus Christus spricht:

Ich bin der gute Hirte.8

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
9

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus! Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Ps 119,105


3 Ulrich Luz, EKK, zum Abschnitt, vgl. die Zusammenfassung. Die Bezeichnung „Eingangstor“ fällt mehrmals. Überhaupt verdankt stammen die wesentlichen exegetischen Impulse für diese Predigt aus diesem Kommentar.


4 Mt 3,17b, unmittelbar vor unserer Perikope.


5 Aus Gen 3,1.


6 Aus Gen 4,7, Gottes Worte an Kain, den Brudermörder.


7 Vgl. Gen 3,5.


8 Joh 19,11


9 Ps 23,4


Manuskript zum Ausdrucken pdf, 363 KB)

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„Und führe uns nicht in Versuchung“, 2.Kor 6,1–10, Invokavit

Ist es Gott, der uns prüft, wenn uns das Leben schwer fällt?

Interview mit der Schlange
Impuls zum Sonntag Invokavit, Gen 3, Invokavit

Dies ist gar keine Predigt. Ich hatte an Invokavit frei, weil ich auf dem Jugendkongress in Witzenhausen war. Statt dessen habe ich den Impuls von predigttagebuch.de mitgebracht. Viel Spaß!