11:53

Zu Füßen Jesu
Predigt zu Lk 10,38–42

Jesus verteidigt Maria gegenüber ihrer Schwester Marta: Theologie ist wichtig. Gemeinsames Nachdenken, Entscheiden und Handeln müssen wir als Kirche zusammenhalten.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
steht geschrieben beim Evangelisten Lukas
im 10. Kapitel.
Ich werde den Abschnitt im Laufe der Predigt vorlesen.

Lasst uns beten:
Herr Jesus Christus,
lass uns sitzen zu deinen Füßen
und lehre uns durch das Wort der Predigt,
wie du Maria gelehrt hast.
— Amen

(1) Liebe Schwestern und Brüder,

Meister,
was muss ich tun,
damit ich das ewige Leben ererbe?
2

So eröffnet ein Schriftgelehrter
das Gespräch mit Jesus.
Jesus verweist ihn auf die Bibel:

Was steht geschrieben?
Was ließt du?

Darauf antwortet der Schriftgelehrte
mit dem Doppelten Liebesgebot:

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
von ganzem Herzen,
von ganzer Seele,
von allen Kräften
und von ganzem Gemüt, —
und deinen Nächsten wie dich selbst.

Darauf antwortet Jesus:

Richtig, genau so ist es.

Der Schriftgelehrte möchte noch einen Schritt weiter gehen
und bittet ihn um Konkretisierung:

Wer ist denn mein Nächster?

Auf diese Frage antwortet Jesus
mit der Geschichte vom Barmherzigen Samariter.

In dieser Geschichte geht es um tätige Nächstenliebe,
die Grenzen überschreitet.
Der Samariter ist ja Ausländer;
oder zumindest „unrein“
aus Sicht des Schriftgelehrten.

Es geht darum,
dass Nächstenliebe bedeutet,
sich die Hände dreckig zu machen.

Trachtet nicht nach hohen Dingen,
sondern haltet euch herunter zu den geringen.
3

So hat es Paulus formuliert.

Es geht darum,
dass Nächstenliebe richtig was kostet
an Öl, Wein, Geld,
4
Zeit, Mühe und Überwindung.

Das ist Nächstenliebe
ist eins
5 mit der Liebe zu Gott. —

Ich möchte auch noch mal erinnern an die Ausgangsfrage.
Wir sitzen hier nicht in der Redaktionssitzung
für einen Foto-Kalender:

Welchen Bibelvers findest du hübsch zu diesem Bild?

Die Ausgangsfrage ist:

Meister,
Lehrer,
Rabi –
Was muss ich tun,
um das ewige Leben zu ererben?

Und Jesus antwortet: „das“:
- menschengemacht Grenzen missachten,
- deinen Ekel unterdrücken und auf Hygiene verzichten,
- Öl, Wein, Zeit, Geld und Mühe verschenken
- und mit beiden Händen in das volle Leben packen.
„Geh hin und tu desgleichen“.
6

(Lesung)
Gleich mit dem nächsten Vers
nimmt Lukas uns mit
und erzählt folgende Geschichte:

38Als sie aber weiterzogen,
kam Jesus in ein Dorf.
Da war eine Frau mit Namen Marta,
die nahm ihn auf.
39Und sie hatte eine Schwester,
die hieß Maria;
die setzte sich dem Herrn zu Füßen
und hörte seiner Rede zu.

40Marta aber machte sich viel zu schaffen,
ihm zu dienen.
Und sie trat hinzu und sprach:

Herr, fragst du nicht danach,
dass mich meine Schwester allein dienen lässt?
Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!

41Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr:

Marta, Marta,
du hast viel Sorge und Mühe.
42Eins aber ist not.
Maria hat das gute Teil erwählt;
das soll nicht von ihr genommen werden.

* * * *

(2) Martha packt mit beiden Händen in das volle Leben.
Sie nimmt Jesus in ihr Haus auf
und tritt in die Rolle der Gastgeberin.
Sie hat den Hut auf,
wie ältere Geschwister ihn schon mal übernehmen,
wenn die Elter nicht da sind.

Der Dienst,
den sie dem Herren leistet,
ist echt.

Die Aufgaben,
die sich ihr stellen,
können wir uns leicht denken:
- Die Wohnung muss für Gäste hergerichtet werden,
- die Gästebetten müssen bezogen werden.
- Und es soll ja auch Essen auf dem Tisch stehen.

Maria dagegen … 

setzte sich Jesus zu Füßen
und hörte seiner Rede zu.

Das heißt,
Jesus unterwies sie als seine Schülerin.
Paulus sagt von sich in der Apostelgeschichte,
er sei …

mit aller Sorgfalt unterwiesen
im väterlichen Gesetz
zu Füßen [des Rabi] Gamaliels.
7

So gab man an, auf welche Schule man gegangen ist.
Oxford, Cambridge, Harvard, Oberursel:
Noch heute sitzen die Herren Professoren
auf einem „Lehrstuhl“
und die Professorinnen natürlich auch.

Maria studiert Theologie.

Ich stelle mir vor:
Martha kommt aus der Küche,
sie hat ein bisschen den Schalk im Nacken und sagt:

Ich wollte doch mal gucken,
was Theologen machen,
wenn andere Leute arbeiten.

Jesus, findest du das in Ordnung,
dass mich meine Schwester allein dienen lässt?

Und Jesus sagt:

Ja. Theologie ist wichtig.

Maria hat den guten Teil erwählt,
sie hat sich für heute Abend die gute Rolle ausgesucht,
und das soll ihr nicht genommen werden.
Das ist heute für sie dran.

(3) Ist aber nicht Handeln wichtiger als reden?

Jesus erkennt Marthas Arbeit an.
Er wendet sich ihr zu
und nimmt sie wahr:

Marta, du hast viel Sorge und Mühe.

In der Geschichte vom Barmherzigen Samariter
stellt Jesus klar,
dass die Liebe zu Gott
und die Liebe zu den Menschen
nur zusammen das Gesetz erfüllen.
In beidem aber
gehören Handeln, Denken und Reden zusammen

Gottes Wille tun zu wollen –
ohne gemeinsames Nachdenken und Besprechen –
das ist keine Liebe zu Gott,
sondern Fundamentalismus.

Sich kopfüber in die Arbeit zu stürzen –
ohne gemeinsames Nachdenken und Besprechen –
das ist keine Liebe zum Nächsten,
sondern blinder Aktionismus.

Von Gott und den Menschen nur zu reden,
ist aber kein Glaube,
sondern Ausflucht.

Das Liebesgebot erfüllen wir nur,
wenn wir Denken, Reden und Handeln zusammenhalten.
Deswegen müssen wir es Maria gleich tun,
uns zu Jesu Füßen setzen
und seiner Rede zuhören.
Wenn wir dies gemeinsam tun,
dann ist es Theologie.

(4) Liebe Gemeinde
und besonders liebe Jubilare,

als Vorbereitung auf die Konfirmation
versucht wir als Kirche,
jungen Menschen
eine Grundausstattung an Theologie mitzugeben.
Früher war es ganz wichtig,
dass man geprägte Texte auswendig gelernt hat.
Das war meistens Luthers Kleiner Katechismus –
mit Erklärungen!

Heute lernen die Konfis auch noch auswendig,
aber die Betonung liegt deutlich
auf eigener Auseinandersetzung mit dem Glauben
und gemeinsamen Durchdringen der Inhalte.

Es ist unser Glaube,
dass Gottes Wort in unserem Herzen wirkt.

  • Gott schenkt uns die Liebe,
    die uns zum Handeln bringt.
  • Gott gibt uns sein Wort für unsere Mitmenschen,
    damit wir zu ihnen reden können
    zur rechten Zeit.
  • Sein Heiliger Geist lehrt uns beten.

Gleich im Anschluss an die Geschichte von Maria und Martha
schildert Lukas,
wie Jünger zu Jesus kommen und ihn bitten:

Herr, lehr uns beten,
wie Johannes seine Jünger gelehrt hat.
8

Da antwortet Jesus:

Vater unser im Himmel …9

Das erinnert mich ein bisschen an Konfi-Unterricht:
Wir sitzen zu Jesu Füßen, hören ihm zu
und er führt uns im Handeln und ins Gebet.

Möge Gottes Wort in uns allen auf guten Boden Fallen und reiche Frucht bringen in Worten und Taten. — Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus! Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Lk 10,25


3 Aus Röm 12,16.


4 Vgl. Lk 10,34 und 35.


5 Vgl. Mk 12,31.


6 Lk 10,37


7 Aus Apg 22,3.


8 Lk 11,1


9 Hier füge ich Matthäus Worte in Lukas ein, was textlich nicht präzise ist, aber den Erwartungen der Zuhörerschaft besser entspricht.


Manuskript zum Ausdrucken pdf, 2.4 MB)