12:48

Reich sein bei Gott
Predigt zu Lk 12,13–21

Der reiche Kornbauer macht betriebswirtschaftlich alles richtig, aber seine Haltung findet Jesus daneben. Statt darauf zu schauen, was man hat, was man ist oder was man darstellt, sind ihm Beziehungen wichtig. Er ist halt Sohn seines Vaters, Mensch gewordener Gott in Beziehung.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist ein Abschnitt aus dem Evangelium nach Lukas im 12. Kapitel:

Es sprach aber einer aus dem Volk zu Jesus:

Lehrer, sage meinem Bruder,
dass er das Erbe mit mir teilen soll.

Jesus aber sprach zu ihm:

Mensch, wer hat mich zum Richter
oder Erbschlichter über euch gesetzt?

Und er sprach zu ihnen:

Seht zu und hütet euch vor aller Habgier;
denn niemand lebt davon,
dass er viele Güter hat.

Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach:

Es war ein reicher Mensch,
dessen Feld hatte gut getragen.
Und er dachte bei sich selbst und sprach:
„Was soll ich tun?
Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.“

Und sprach:
„Das will ich tun:
Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen,
und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte
und will sagen zu meiner Seele:
Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre;
habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut“.

Aber Gott sprach zu ihm:
„Du Narr!
Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern;
und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?“

So geht es dem,
der sich Schätze sammelt und nicht reich ist bei Gott.

Lasst uns beten: Herr, unser Gott, macht uns reich durch dein Wort. Schenke uns Einsicht und macht uns Reich durch deine Gnade. — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

(1) wenn es ans Erben geht,
lernt man seine Verwandte kennen.
Und wenn nicht dann,
dann beim Pflegen. –
Dieses Sprichwort war schon in der Antike wahr:

Rabbi, sage meinem Bruder,
dass er das Erbe mit mir teilen soll.

Straf- und Zivilrecht,
gute Sitten und Moral
waren damals zusammen in der Tora aufgeschrieben.
Der Mann aus der Menge,
möchte ihn als Anwalt für seine Sache gewinnen.
Jesus weist ihn eher schroff zurück:

Mensch, wer hat mich denn zum Richter
oder Erbschlichter über euch gesetzt?

Das verbindet Jesus mit einer Warnung vor der Habsucht
und stellt klar:

Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.

Daraus ergibt sich natürlich sofort die Folgefrage:

Sag Jesus,
wenn es nicht viele Güter sind,
von denen wir leben,
wovon leben wir denn dann?

Als Antwort erzählt Jesus das Gleichnis.

Der Kornbauer hat nicht Glück im Unglück,
sondern Glück im Glück.
Er kennt die Strategien, mit dem Erfolg umzugehen,
und hat die Mittel, sie umzusetzen.
Er denkt geschäftsmännisch
und freut sich über den „warmen Regen“. –

Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre;
habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!

Wer will ihm das verübeln?

Jesus lenkt unser Blick auf sein Selbstzufriedenheit
und seine Selbstsicherheit.
Statt sich darauf zu verlassen,
- was man hat,
- was man ist
- oder was man weiß,
will Gott,
dass wir schauen auf das, was von außen kommt,
von ihm.

Jesus legt den Finger in die Wunde
und sagt:

Du bist sterblich!

Heute Nacht wird deine Seele von dir gefordert werden
und die Erben fressen deine Ernte auf.

Dann sind wir wieder am Anfang:

Lehrer, sage meinem Bruder,
dass er das Erbe mit mir teilen soll.

Dazu sagt Jesus:

So geht es dem,
der sich Schätze sammelt und nicht reich ist bei Gott.

Da möchte ich sofort fragen:

Sag Jesus,
wie wird man reich bei Gott?

(2) Liebe Gemeinde,
Gott ist ein Gott in Beziehung.
Güter, Erkenntnis und Status
sind ihm höchstens Mittel,
aber nie Ziel.

Für viele von uns ist das Eigenheim ein großes Thema.
Wenn die Kinder sich fragen,
warum sie Papa so selten sehen,
heißt es:

Das Haus muss abbezahlt werden.

Oder, auch sehr beliebt, –
gerade bei Familien,
die einen Betrieb zu Hause haben:

Wir arbeiten so viel,
damit ihr das mal erben könnt.

…und wieder sind wir am Anfang!

Insbesondere bei der Nachkriegs-Generation
schwang dann noch mit:

Wir machen das alles,
damit ihr es mal besser habt!

Ein Fernseher im Wohnzimmer,
ein Fernseher im Schlafzimmer
und jetzt ganz neu:
einen Fernseher in der Küche,
damit man gar nicht mehr miteinander reden muss! —

Mir geht es hier nicht um simple
Konsumkritik:

Wenn ihr weniger Fernseher kauft,
wird die Welt besser!

Oder:

Seid brav und bescheiden
und geht viel zur Kirche!
So sammelt ihr euch Schätze bei Gott!

Und für den schnöden Mammon
haben wir am Ausgang Kästen aufgestellt.
Da könnt ihr das Geld einwerfen…

Viel mehr geht es darum,
dass Beziehung etwas ist,
das zu Gott fest dazugehört.

Gott lebt Beziehung schon in sich selbst.
Wir reden von „Vater“, „Sohn“ und „Heiligem Geist“.
Gott ist in sich differenziert:
Der Vater zeugt den Sohn,
der doch eines Wesens mit dem Vater ist.
Vater und Sohn bringen den Heiligen Geist hervor
und geben ihn in die Welt.

Gott hat seine ganze Schöpfung auf Beziehung ausgelegt.
Die Erde bringt Pflanzen hervor.
Die Vögel nisten in den Ästen der Bäume,
Tiere und Menschen leben von ihren Früchten.
Die Harmonie der Schöpfung ist „gut“,
lebensförderlich
und fruchtbar.
Der Mensch ist geschaffen,
die Erde zu bebauen und zu bewahren.
Und es ist nicht gut,
dass der Mensch allein sei.

Gott hat uns zu seinem Ebenbild geschaffen.
Leben gelingt,
wo wir den richtigen Weg finden,
Beziehungen aufzubauen und zu erhalten.
Doch Sünde zerstört unsere Beziehungen:
- zu Gott,
- zu unseren Nächsten
- und zu uns selbst.
Die Sünde kann sich sehr unterschiedlich niederschlagen:
in Habsucht, ja,
oder ganz einfach darin,
dass uns das Flackern des Fernsehers wichtiger wird
als die Gesichter unserer Familie.

(3) Jesus Christus ermöglicht Beziehung.
Paulus schreibt nach Rom:

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?
Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat,
sondern hat ihn für uns alle dahingegeben –
wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?

Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen?
Gott ist hier, der gerecht macht.
Wer will verdammen?
Christus Jesus ist hier, der gestorben ist,
ja vielmehr, der auch auferweckt ist,
der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.

Jesus ist der lebende Beweis für Gottes Liebe zu uns.

Er stellt unsere Beziehung zu Gott her,
indem er uns bei ihm vertritt
und vermittelt zwischen Gott und uns.
Deswegen gehören wir schon zu Gottes neuer Schöpfung
und die Dinge dieser Welt
bekommen den Wert und den Ort,
der ihnen zusteht.

Ob das den Mann aus der Menge überzeugt hat,
der Jesus um Hilfe bittet:

„Meister, sage meinem Bruder,
er soll das Erbe mit mir teilen“?

  • Hat er wohl auf sein Erbe verzichtet,
    um die Beziehung zu seinen Geschwiestern zu retten?
    Oder seinen Seelenfrieden zu wahren?
    Wo bleibt da die Gerechtigkeit?
  • Vielleicht hat er sich auch einen Anwalt genommen,
    aber mit einer ganz anderen Haltung.
    Statt „Sag meinem Bruder, er soll …“
    vielleicht „Bitte meinen Bruder um ein Gespräch …“
    Ohne Habgier lassen sich ein Erbe ganz anders besprechen
    und die Gerechtigkeit hat es viel leichter,
    sich durchzusetzen.
  • Jedenfalls will man ihm wünschen,
    dass hier ohne Zorn und Groll geerbt wurde
    und statt dessen Friede und Vergebung herrschen,
    denn das ist, wofür Gott uns geschaffen hat.

Doch so wenig wir Leben machen oder herstellen können,
so wenig können wir von uns aus reparieren,
was wir zerstört haben.
Wir sind und bleiben angewiesen auf die Gnade Gottes,
die er uns schenkt in seinem Sohn Jesus Christus.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!2 Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Phil 4,7


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