15:13

Drei Worte Jesu in der Lukas-Passion
Predigt zu Lk 23,32–49

84 Karfreitag, 15.4.2022, Frankfurt a.M.

Dreimal erhebt Jesus in der Passionsschilderung bei Lukas die Stimme. In dieser Predigt betrachten wir seine letzen Worte am Kreuz.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist die Lesung, die wir als Evangelium gehört haben,
nach Lukas im 23. Kapitel.

Lasst uns beten: Herr Gott, Jesus Christus,
lass uns ohne Angst auf deinen Tod am Kreuz schauen
und sprich zu uns durch dein Wort. — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

dreimal erhebt Christus in der Lukas-Passion die Stimme.
Drei Jesus-Worte überliefert uns der Evangelist
und ich möchte diese Predigt
nach diesen Worten gliedern.

(1) Wir gehen also nach Golgatha
und Jesus wird gekreuzigt –
mit den beiden „Übeltätern“ je zur Rechten und zur Linken.
Und Jesus betet:

Vater, vergib ihnen;
denn sie wissen nicht, was sie tun!

Die Juden versuchen Jesus
bei seinem priesterlichen Titel zu behaften:

Er helfe sich selber,
wenn er der Christus ist,
der Auserwählte Gottes.

Oft wurde diese Szene antisemitisch gedeutet.
Die Juden bekämen die Schuld an Jesu Tod zugeschoben.
Das liegt sicherlich auch an schlechten Bildern,
die mit Klischees arbeiten.

Doch wenn man genau hinschaut,
kommen wir, die Heiden, nicht besser weg.
Die Soldaten rufen:

Bist du der König der Juden, so hilf dir selber!

Sie spielen mit dem Schild,
das man am Kreuz angebracht hat:

Jesus von Nazareth, König der Juden.

Das ist das Werk der Besatzer,
die die Besiegten demütigen wollen:

Seht, so einen armseligen König habt ihr.
Kein Wunder, dass ihr den Krieg verloren habt!

Machtlos
und glanzlos hängt Jesus am Kreuz.
Das ist das genau Gegenteil von dem,
was ein Mensch sich unter Priester und König vorstellt.
Es ist Ironie,
dass die Menschen ihn mit Titel verhöhnen wollen,
die er bei Gott hat.
Doch sie erkennen ihn nicht unter dem Gegenteil.

Jesus zeigt in dem einen Satz,
dem einen Gebet mehr Größe,
als alle König und Priester zusammen:

Vater, vergib ihnen;
denn sie wissen nicht, was sie tun!

Er macht hier wahr,
was er von uns fordert.

Liebt eure Feinde
und bittet für die, die euch verfolgen.
2

Ich schaffe es kaum,
die Nachrichten zu gucken,
ohne innerlich in Wut zu geraten.
Wenn ich die Fürbitte bete
für alle Parteien des Krieges,
muss ich mich zusammenreißen,
dass mir nicht eine Liste von Ausnahmen in den Kopf kommt.
Und Jesus betet für seine Henker.
Er betet für die,
die ihn jetzt gerade quälen,
für die, die ihn heute töten.

(2) An Jesus scheiden sich die Geister.
Wer kann seine Größe sehen unter der Schande?

Das machen uns die Verbrecher vor,
die mit Jesus gekreuzigt werden.
Der eine stimmt den in den Chor der Spötter mit ein.
Er hat niemanden,
auf den er noch herabblicken kann – 
jetzt, wo er den schändlichsten Tod stirbt,
den die Antike kannte.

Der andere nimmt an,
was ihm zugeteilt ist.
Er wendet sich an Jesus.
Er bittet nicht um diesseitige Rettung,
sondern um Beziehung.
Er redet Jesus mit seinem Vornamen an,
verzichtet auf allen Spot
und auf alle Titel.
Er sagt zu Jesus nur:

Du!
Bitte: Denk an mich!
Vergiss mein nicht,
wenn du in dein Reich kommst.

Halte unsere Beziehung aufrecht,
auch wenn uns Grenzen trennen:
die Grenze zwischen Leben und Tod,
Himmel und Hölle.

Jesus antwortet:

Wahrlich, ich sage dir:
Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

Keine Taufe,
kein Eid,
kein Eintritt in den Jüngerkreis – 
nur dieses „Du“.

Man mag es als ein Glaubensbekenntnis lesen:

Dieser hat nichts Unrechtes getan.

Vielleicht ist es einfach die letzte Hoffnung dieses Mannes.
Er gesteht sich seine Hilflosigkeit ein
und hofft bei Jesus auf Rettung.

Die Oberen,
die Soldaten,
der andere Verbrecher:
Sie alle haben Jesus damit
aufgezogen,
er könne doch sich selbst retten.
Dieser glaubt vielleicht,
hofft aber ganz bestimmt auf Rettung.

Mehr habe ich selbst ganz oft nicht zu bieten.
Ich weiß ganz oft nicht,
in welchem der beiden „Übeltätern“ ich mich eher erkenne.
Wenn es mir schlecht geht
und wenn ich unzufrieden bin mit meinem Leben,
mache ich Gott oft Vorwürfe:

- Hättest du das nicht so-oder-so lenken können?
- Hättest du mich nicht eher ansprechen können?
- Womit hat ich das verdient?
- Wo ist denn meine Rettung?

Ich hoffe und ich bete,
dass ich am Ende des Tages dahin komme,
wo der zweite „Übeltäter“ war:
dass ich annehme,
was mir zugeteilt ist
und meine Hoffnung nur darauf setze,
dass Jesus an mich denkt
in seinem Reich.

(3) Das Letzte,
das Jesus sagt,
vor seinem Tod ist:

Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!

Hier sehen wir Christus,
der ganz Mensch ist
und neben uns Menschen steht
im Angesicht des Todes.

Er beruft sich nicht auf sich selbst,
seinen Verdienst
oder seine Größe,
sondern gibt sich ganz in die Hände Gottes.
Hier ist er uns ein Vorbild.
Wir haben nichts,
was wir dem Tod entgegenstellen können.
Nichts an uns reicht über dieses Leben hinaus,
nur unsere Beziehung zu Gott.

Deswegen schreibt Paulus:

20So sind wir nun Botschafter an Christi Statt,
denn Gott ermahnt durch uns;
so bitten wir nun an Christi Statt:
Lasst euch versöhnen mit Gott!
21Denn er hat den,
der von keiner Sünde wusste,
für uns zur Sünde gemacht,
damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden,
die vor Gott gilt.
3

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!4 Amen.

Offene Schuld

P: Lasst uns miteinander vor Gott bekennen,
dass wir gesündigt haben
mit Gedanken, Worten und Werken,
auch aus eigener Kraft
uns von unserem sündigen Wesen nicht erlösen können.
Darum nehmen wir Zuflucht
zu der grundlosen Barmherzigkeit Gottes,
unseres himmlischen Vaters,
begehren Gnade um Christi willen
und gemeinsam sprechen:

G: Gott sei mir Sünder gnädig.
Der allmächtige Gott erbarme sich unser,
er vergebe uns unsere Sünde und führe uns zum ewigen Leben. Amen.

P: Der allmächtige, barmherzige Gott
hat sich unser erbarmt,
seinen einzigen Sohn für unsere Sünde in den Tod gegeben
und um seinetwillen uns verziehen,
auch allen denen,
die an seinen Namen glauben,
Vollmacht gegeben, Gottes Kinder zu werden
und ihnen seinen heiligen Geist verheißen.

Wer da glaubt und getauft wird,
der wird selig werden.
Das verleihe Gott uns allen.

G: Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Mt 5,44


3 2.Kor 5,20f (Epistellesung für den Karfreitag nach ELKG² 32)


4 Phil 4,7