14:08

Mit Jesus im Garten Gethsemane
Predigt zu Mt 26,36–46

80 Reminiszere, 13. März 2022, Frankfurt

Wir begleiten die Jünger vom Passahmahl bis in den Garten und hören, was sie so denken.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Diese Predigt bezieht sich auf den Abschnitt des Evangeliums nach Matthäus, den wir gerade als Lesung gehört haben.

Lasst uns beten:
Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege!
2 — Amen

Liebe Brüder und Schwestern,

ich möchte euch mitnehmen nach Jerusalem.
Jesus und seine Jünger
hatten gerade das Passah-Mahl zusammen gehalten.
Das ganze hat den Charakter eins Familienfestes
mit vertrauten Abläufen, Liedern und Gedichten.
Die Jünger haben das Fest gemeinsam verbracht
und mit Jesus zusammen gestaltet.

Als sie den Lobgesang gesungen hatten,
den Abschluss des Abendessens,
gingen sie Jesus hinterher
hinaus in Richtung Ölberg.
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Der Abend ist kühl und angenehm;
die Jünger unterhalten sich:

Wie fandest du das, was Jesus gemacht hat?

Was meinst du?

…dass er das Brot genommen hat und gesagt hat:
„Das ist mein Leib“,
und den Kelch und gesagt hat:
„Das ist das neue Testament in meinem Blut“.

Ich fand das ganz schön krass!
Er hat sich dem Passah-Lamm gleich gemacht.

Für ein Passah-Lamm ist er noch zu lebendig
und zu wenig gewürzt!

Dabei streicht sich der Jünger wohlig über den Bauch,
wo das letzte Passah-Lamm,
das ihm begegnet ist,
sein Ende gefunden hat.

Du denkst immer nur ans Essen!
Ich meine es ernst:
Jesus hat schon mehrmals so Anspielungen gemacht an seinen Tod:
„…der Menschensohn wird überantwortet werden,
dass er gekreuzigt werde“.
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Da war er halt mal theatralisch.

…und als diese Frau in Bethanien ihn ungefragt gesalbt hat,
da hat er gesagt:
„Die Armen habt ihr allezeit bei euch“.
Das heißt doch wohl: „Mich habt ihr nicht allezeit bei euch“.
Und: „Sie hat mich für mein Begräbnis gesalbt“.
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Na, irgendwann müssen wir alle man ran…

Ich sage dir:
Jemand, der mit
der Vollmacht spricht
und
solche Wunder wirkt,
den
können die Schriftgelehrten und Pharisäer
nicht stehen lassen.

Ach, das gilt für andere, nicht für Jesus!
Erinnerst du dich an unseren Einzug in Jerusalem?
„Hosianna“ haben sie gerufen,
„Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“
Ich sage dir:
Die trauen sich nicht, Jesus anzufassen.
Er ist sanftmütig und pazifistisch.
Jesus hat keine einzige Sünde begangen.
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Das sind alles nur routinemäßige Manöver
unserer religiösen Obrigkeit.
Die fangen schon keinen Krieg an!

Inzwischen waren sie am Ölberg angekommen.
Jesus bat seine Jünger,
sich einen Moment zu setzen,
weil er beten wollte.
Er nahm Petrus, Jakobus und Johannes zur Seite.
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Die anderen Jünger haben sich wenig dabei gedacht.
Die wussten,
dass das so mit die ältesten Freunde von Jesus sind.
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Trotzdem sind sie ein bisschen neugierig
und vielleicht auch ein bisschen neidisch.
Sie wären Jesus auch gerne so nahe.

Was meinst du, was die vier zu besprechen haben?

Vielleicht beten sie zusammen.

Meinst du?
Jesus geht doch sonst immer alleine beten.

Ich habe das Gefühl, Jesus ist ganz schön bedrückt –
und er will nicht, dass wir was davon mitkriegen.
Ich glaube, Jesus hat Angst.

Was?
Jesus Angst?
Mach dich nicht lächerlich!

  • Damals, als er auf dem Berg gesprochen hat,
    da hat sich das Volk entsetzt,
    weil Jesus mit Vollmacht lehrt
    und nicht, wie die Schriftgelehrten.
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  • Er hat böse Geister ausgetrieben mit seinem Wort
    und Menschen geheilt.
  • Jesus hat den Wind und das Meer bedroht.
    Da wurde es ganz stille.
    10

Jesus: Das ist mehr als ein Mensch.
Da ist Gottes Macht gegenwärtig!
Lass die Handlanger des Herodes bloß kommen.
Jesus wird seinen Engeln befehlen!
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Er wird sie wegblasen mit einem Wort aus seinem Mund. —
Ich sage dir, was die vier da besprechen:
Wer zur rechten und wer zur linken von Jesus sitzen wird
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nach unserem Endsieg!

Alter, wie bist du denn drauf??

Ich mein’ doch nur…

Hast du überhaupt zugehört,
als Jesus auf dem Berg geredet hat?
„Selig sind die Sanfmütigen“,
hat er gesagt.
Ist
das sanftmütig, wovon du da gerade redest?
Und es ist nicht unser Sieg.
Es ist der Sieg von Jesus.

Also, wenn Jesus siegt, dann bin ich dabei!

Jünger oder nicht: Du musst durch das Gericht.
Da geht es nicht danach,
wer ruft „Herr, Herr“.
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Da kriegst du die Endabrechnung.
Da kommt es nicht darauf an, was du sagst,
sondern, was
er dir zu sagen hat.
Und wenn du dich rühmen willst,
dann rühme dich dessen,
dass du den
Herrn kennst.
Der liebt Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit.
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Große Sprüche,
die sich fromm tarnen,
kann der, gar nicht leiden, glaube ich.

Jesus ist mit Petrus, Jakobus und Johannes außer Hörweite.
Die drei Jünger kriegen voll mit,
wie sehr es Jesus zum Heulen ging.
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Mit der Situation konnten sie nicht so richtig viel anfangen.
So hatten sie Jesus noch nie erlebt.
Kennt ihr das,
wenn man nicht weiß,
wie man sich fühlen soll?
Mir ging das als Teenager so,
wenn ein Mann weint.
Das ist so sehr gegen die Geschlechterrolle (all diese Dinge),
so gegen meine Erwartungen,
dass ich nicht wusste,
ob ich lachen soll
oder mitweinen will.
So ähnlich geht es den drei Jüngern.
Sie sind peinlich berührt und ein bisschen hilflos.

Jesus geht dann zur Seite, um zu beten,
und lässt die drei etwas bedröppelt mit der Bitte zurück,
da zu bleiben und zu wachen.

Petrus findet das gar nicht witzig.
Er zieht sein Schwert und macht Fechtübungen.

Lasst sie nur kommen!
Ich werde den Herrn Jesus verteidigen.
Und wenn es das letzte ist, das ich tue!

Petrus, steck das Schwert weg!

Jakobus ist etwas genervt.

Du stichst noch jemand ein Auge aus
oder hackst ihm ein Ohr ab.

Petrus steckt das Schwert ein.
Mit der Hand auf dem Heft stellt er sich hin
und wie beim Fahneneid sagt er:

Ich werde kein Ärgernis nehmen an dir.
Und wenn ich mit dir sterben müsste,
will ich dich nicht verleugnen.
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Jakobus verdreht hinter dem Rücken seines Freundes
die Augen.

Johannes schlägt das Obergewand um seine Beine
gegen die Kühle der Nacht.
Er lehnt sich zurück
und sagt:

Ich habe so viel erlebt mit Jesus –
und so viel gelernt.
Ich habe Zeichen und Wunder gesehen,
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so viel, dass ich ein Buch darüber schreiben will,
wie noch nie ein Buch geschrieben wurde!

Jakobus kann sich die Stichelei nicht verkneifen
und sagt:

So lange du das ganze in eine sinnvolle,
klar erkennbare Reihenfolge bringst,
kannst du schreiben, was du willst!

Johannes ist aber noch nicht fertig:

Was ist sagen wollte ist:
Seit Jesus angefangen hat,
über seinen Tod zu reden,
habe ich dieses ungute Gefühl:
„Ich will das eigentlich nicht!“ —
Es ist wie bei einer Pandemie!

Wie bei einer Pandemie?

Ja, als ich zum ersten Mal eine Pandemie erlebt habe,
da habe ich mir am Anfang gedacht:
„Ich will das verschlafen!
Ich lege mich jetzt hin
und wenn das alles vorbei ist,
dann könnt ihr mich wecken!“ —
Ich will, dass es wieder so ist, wie früher:
- wie bei der Rede auf dem Berg,
- als der Täufer noch lebte,
- als wir Moses und Elia begegnet sind.
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Meint ihr, nächstes Jahr wird alles wieder normal
und wir feiern nochmal so ein schönes Passah-Fest mit Jesus?

Über diesen Gedanken schlafen die drei dann ein.
Jesus weckt sie auf.
Er sieht deutlich mitgenommen aus.
Sein Gesicht ist ganz nass.
Er redet kurz mit ihnen und geht wieder beten.

Petrus äfft Jesus nach:

„Wachet und betet,
damit ihr nicht in Anfechtung verfallet“.

Die beiden anderen gucken sich an:
„Was ist denn mit dem los?“

Die drei schweigen sich eine lange Weile an.
In die Stille hinein sagt Petrus:

Er hat mir prophezeit,
dass ich ihn verraten werde.
Und nicht einmal…
Nein, drei mal würde ich ihn verraten – 
bevor der Hahn kräht.
Ja danke auch für das Vertrauen, Rabbi!

Nach einer Weile schlafen sie ein.

Die letzte Chance,
Gemeinschaft zu haben mit Jesus „im Fleische“,
die haben die drei verpennt.
Er weckt sie nur noch auf um ihnen zu sagen:
„Es geht los!“ —
„Siehe, er ist da, der mich verrät“.
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Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!20 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
steht beim Evangelisten Matthäus im 26. Kapitel:

36Da kam Jesus mit ihnen zu einem Garten,
der hieß Gethsemane,
und sprach zu den Jüngern:

Setzt euch hier, solange ich dorthin gehe und bete.

37Und er nahm mit sich Petrus
und die zwei Söhne des Zebedäus
und fing an zu trauern und zu zagen.

38Da sprach Jesus zu ihnen:

Meine Seele ist betrübt bis an den Tod;
bleibt hier und wacht mit mir!

39Und er ging ein wenig weiter,
fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach:

Mein Vater,
ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber;
doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!

40Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend
und sprach zu Petrus:

Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?
41Wachet und betet,
dass ihr nicht in Anfechtung fallt!
Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.

42Zum zweiten Mal ging er wieder hin, betete und sprach:

Mein Vater, ist’s nicht möglich,
dass dieser Kelch an mir vorübergehe,
ohne dass ich ihn trinke,
so geschehe dein Wille!

43Und er kam und fand sie abermals schlafend,
und ihre Augen waren voller Schlaf.

44Und er ließ sie
und ging abermals hin und betete zum dritten Mal
und redete dieselben Worte.

45Dann kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen:

Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen?
Siehe, die Stunde ist da,
dass der Menschensohn in die Hände der Sünder überantwortet wird.
46Steht auf, lasst uns gehen!
Siehe, er ist da, der mich verrät.

1 1.Kor 1,3


2 Ps 119,105


3 Nach Mt 26,30.


4 Mt 26,2


5 Nach Mt 26,6–13.


6 Vgl. Hebr 4,15.


7 Vgl. V. 36f.


8 Vgl. Mt 4,18ff.


9 Nach Mt 7,29.


10 Nach Mt 8,26.


11 Vgl. Mt 26,53.


12 Vgl. Mt 20,21.


13 Nach Mt 7,20–23.


14 Nach Jer 9,23.


15 Nach Mt 26,37.


16 Nach Vv. 33 und 35.


17 Nach dem JohEv, explizit Joh 4,48.


18 Vgl. Mt 17,1–13. Das war, man möge mir die Ungenauigkeit verzeihen, nach der ersten Leidensankündigung (Mt 16,21).


19 Mt 26,46b


20 Phil 4,7