11:27

Gottes Baustelle und Gottes Acker
Predigt zu 1.Kor 3,9–18

35 12. So. n. Trinitatis, 30. August 2020, Bremen

Paulus schreibt den Korinthern, sie sollen ihre Pastoren nicht so wichtig nehmen! Nicht, dass er etwas gegen Pastoren hätte, aber dem Apostel ist es wichtig, dass wir im Auge behalten, wer im Gottesdienst eigentlich wichtig ist: Gott. Ja, wir können von unseren Pastoren was erwarten, aber das Eigentliche erwarten wir von Christus.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus.
1 Amen.

Das Wort Heiliger Schrift, das diese Predigt auslegt,
ist ein Abschnitt aus dem 1. Brief
des Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth,
im 3. Kapitel.
Ich werde den Abschnitt im Laufe der Predigt vorlesen.

Lasst uns beten:
Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege!
2 — Amen

Liebe Brüder und Schwestern!

(1) Verheißung und Erfüllung –
das ist etwas, das wir in der Bibel immer wieder finden.
Jesaja schreibt:

Es kommt die Zeit,

  • da werde die Tauben hören
    die Worte des Buches
  • und die Augen der Blinden
    werden aus Dunkel und Finsternis sehen.
    3

Diese Verheißung ist in Jesus wahr geworden.
Das ist, was Markus glaubt.
Deswegen hat er die Heilungsgeschichte des taubstummen Mannes aufgeschrieben.

„Hefata!“, das heißt: Tu dich auf!

Markus hat das aramäische Wort
mit griechischen Buchstaben aufgeschrieben.
Das ist eine der ganz wenigen Stellen in der Bibel,
an der wir Jesus in seiner Muttersprache reden hören.
Wir sind ihm hier ganz nahe.

Ich möchte, dass Jesus das zu mir sagt:

  • „Hefata!“
  • „Öffne dich!“
  • „Sei offen für das, was ich zu sagen haben:
    Das Evangelium von Umkehr, Buße und Vergebung“.

(2) Paulus war ein Feind der Christen gewesen.
Luther schreibt das so:

Saulus schnaubte noch mit Drohen
und Morden gegen die Jünger des Herrn.
4

Er war auf dem Weg nach Damaskus,
um die Gemeinde dort zu verfolgen,
als er von einem hellen Licht geblendet wurde.
Er hörte eine Stimme:

Saulus, Saulus, was verfolgst du mich?

Und er fragt:

Herr, wer bist du?

Und die Stimme antwortet:

Ich bin Jesus, den du verfolgst.

Nach diesem Ereignis ist Paulus drei Tage lang blind.
Danach werden ihm die Augen geöffnet
durch einen Jünger von Jesus.

Die Blindheit seiner Augen
ist nur die leibliche Seite.
Viel mehr ist Saulus an seinem Herzen sehend geworden.
Der ganze Mensch, der er ist,
ist jetzt anders als vorher:

  • Wo er vorher die Geschichten von Jesus für Quatsch hielt,
    da glaubt er jetzt.
  • Die Lehre vom Kreuz
    hielt er vorher für ein Ärgernis und eine Torheit,
    jetzt sieht er in Christus Gottes Weisheit und Kraft.
    5
  • Was er vorher bekämpft hat,
    dafür setzt er sich jetzt ein.

Paulus sieht sich als einen Menschen,
zu dem Jesus selbst gesagt hat:

  • „Hefata!“
  • „Öffne dich!“

So, wie in der Geschichte von dem Taubstummen,
ist die Verheißung des Propheten ist wahr geworden
in der Geschichte seines Lebens.
- So sieht er sich selbst,
- so sieht er seine Mitarbeiter
- und so sieht er auch die Gemeindeglieder aus Korinth,
denen er seinen Brief schreibt.

(3) In Korinth gibt es nämlich Streit,
weil einige meinen,
ihre Taufe sei eine bessere Taufe,
weil
Paulus sie getauft hat.
Es gibt Eifersucht und Zank mit denen,
die Apollos getauft hat.

Paulus schreibt:

1.Kor3,5Wer ist nun Apollos? Wer ist Paulus?
Diener sind sie, durch die ihr gläubig geworden seid,
und das, wie es der Herr einem jeden gegeben hat:

6Ich habe gepflanzt,
Apollos hat begossen;
aber Gott hat das Gedeihen gegeben.

7So ist nun weder der pflanzt
noch der begießt etwas,
sondern
Gott, der das Gedeihen gibt.

8Der aber pflanzt und der begießt,
sind einer wie der andere.
Jeder aber wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit.
9Denn wir sind Gottes Mitarbeiter;
ihr seid Gottes
Ackerfeld und Gottes Baustelle.

10Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist,
habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister;
ein anderer baut darauf.
Ein jeder aber sehe zu,
wie er darauf baut.

11Einen andern Grund kann niemand legen als den,
der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.

(4) Liebe Brüder und Schwestern!

Paulus schreibt den Korinthern,
sie sollen ihre Pastoren nicht so wichtig nehmen!

Jetzt könnte man meinen,
ich schneide mir ins eigene Fleisch,
wenn ich so etwas sage.
Die Sache ist aber die,
dass Paulus betont,
dass
Christus derjenige ist,
der in der Gemeinde handeln,
nicht die Pastoren.

Dass Christus derjenige ist,
der handelt,
hat mindestens zwei Konsequenzen:

(4a) Erstens:
Man brauche mich über meinen Pastor nicht
mehr aufzuregen
als unbedingt notwendig.
Der Pastor ist auch nur ein Mensch.
Der hat mal einen schlechten Tag.
Nicht jede Predigt gelingt.
Niemand kann immer jedem gefallen,
aus dem Herzen sprechen.
Nicht jeder trifft immer genau den richtigen Ton
und findet auf Anhieb die richtigen Worte.

(4b) Zweitens,
und das ist mir wichtiger:
Auch wenn der Pastor ein ganz normaler Mensch ist,
kann ich von dem,
was im Gottesdienst geschieht,
ein Wunder erwarten.

Die Verheißung, dass Blinde sehen und Taube hören,
gilt auch heute.
Jesus tritt auch noch heute in das Leben von Menschen
und sagt zu ihnen:

„Heffata,
öffne dich“.

Jesus spricht auch noch heute Menschen an
und dreht sie zu sich in die richtige Richtung,
genau, wie er es mit Paulus vor Damaskus gemacht hat.

Wir, die Gemeinde,
sind Gottes Ackerfeld und seine Baustelle.
Wir sind die Schafe seiner Weide,
die er versorgt und zu frischem Wasser führt.
6
Wir sind ein Bauwerk aus lebendigen Steinen,
7
das er zum Tempel seines Heiligen Geistes bestimmt hat.

Natürlich dürft ihr erwarten,
dass ich mir Mühe gebe
beim Abfassen der Predigt
und beim Durchführen der Liturgie.

Die eigentliche Erwartung an den Gottesdienst ist die,
dass wir „in und unter“ diesem Geschehen
dem Herrn Jesus Christus begegnen.
Er will uns anrühren,
ansprechen
und uns den Glauben schenken.
Genau dazu hat er uns
8 den Auftrag gegeben:

  • Das Evangelium zu verkündigen
    und die Sakramente zu verwalten.
  • Durch diese Mittel wirkt der Heilige Geist.
  • Er tröstet die Herzen und schenkt den Glauben,
    wo und wann er will,
    in denen, die das Evangelium hören.
  • Und das Evangelium ist,
    dass wir durch Christus einen gnädigen Gott haben,
    wenn wir daran glauben.
    9

Der Mensch ist ein leibliches Wesen
und Gott nimmt leibliche Mittel in die Hand,
um uns erreichen.

(6) Liebe Gemeinde,
unser Leben steht unter einer Verheißung Gottes.

Es kommt die Zeit,

  • da werde die Tauben hören
  • und die Blinden sehen.

Diese Zeit hat schon begonnen in Jesus Christus.
Sein Kommen wirkt sich in unserm Leben aus.
Paulus hat das sehr deutlich
und sehr direkt erfahren.
Er hat sein Leben umgekrempelt
und ist zum Apostel geworden.

Wunder geschehen jeden Tag!

Auch dich spricht Christus an,
hier im Gottesdienst.
Unter dem Wort der Predigt
und verborgen in Brot und Wein
kommt er wirklich zu uns.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!10 Amen.

1 1.Kor 1,3


2 Ps 119,105


3 Nach Jes 29,17


4 Apg 91


5 Vgl. Röm 1,22–24.


6 Vgl. Ps 23.


7 Vgl. 1.Petr 2,5.


8 Es gibt eine breite Diskussion, wer dieses „Wir“ ist. Das Fass mache ich aber hier nicht auf.


9 Vgl. CA 5.


10 Phil 4,7